Donald Trump, der Patriot – eine Selbstdarstellung, die durch einen neuen Bericht weitere Kratzer bekommt.

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Washington – Der US-Wahlkampf 2020 ist um eine unappetitliche Facette reicher. Wie US-Medien am Donnerstagabend berichteten, soll Amtsinhaber Donald Trump im Ersten Weltkrieg gefallene Soldaten als Verlierer und Trottel bezeichnet haben. Die Worte "losers" und "suckers" seien bei einem Besuch des Präsidenten 2018 in Frankreich gefallen, schreibt das Magazin "The Atlantic", das sich auf Quellen im Weißen Haus beruft. Der Nachrichtenagentur AP, die der Sache nachging, bestätigten ebenfalls mehrere Personen den Sachverhalt. Trump selbst bestreitet den Bericht vehement.

Das Magazin hatte behauptet, Trump habe die Worte gewählt, um einen geplanten Besuch des Friedhofs Aisne-Marne in Frankreich abzusagen, wo im Ersten Weltkrieg gefallene US-Soldaten bestattet sind. Zum damaligen Zeitpunkt habe schlechtes Wetter geherrscht, Trump habe Angst gehabt, dass der Regen seine Frisur zerstören könnte. "Wieso sollte ich zu diesem Friedhof fahren? Er ist voll mit Verlierern", habe er gesagt. Der Besuch wurde später tatsächlich abgesagt. Der Helikopter habe wegen des schlechten Wetters nicht fliegen können, lautete die offizielle Erklärung.

Trottel, die sich töten ließen

Insgesamt habe der Präsident bei dem Auslandsbesuch nur wenig historisches Wissen bewiesen. Mehrfach soll er Mitarbeiter gefragt haben, wer im Ersten Weltkrieg "die Guten" gewesen seien und wieso die USA sich überhaupt daran beteiligt hätten und warum aufseiten der Alliierten. Auch der idealistischen Idee des damaligen Präsidenten Woodrow Wilson, das Gemetzel in Europa zu beenden und eine friedliche Nachkriegsordnung zu schaffen, habe Trump wenig abgewinnen können. Später habe Trump noch gesagt, bei den 1.800 in der Schlacht im Wald von Belleau gefallenen US-Soldaten haben es sich um "Trottel" ("suckers") gehandelt, weil sie sich hätten umbringen lassen.

Trump allerdings dementiert die Berichte, die seinem derzeitigen Wahlkampf schaden könnten. "Wenn es wirklich Leute gibt, die so etwas sagen, dann ist das Gesindel, und es sind Lügner", sagte er. Er würde auf alles schwören, Derartiges nie gesagt zu haben. "Welches Tier würde so etwas behaupten?"

"Ich mag Leute, die nicht gefangengenommen wurden"

Über zwei konkrete Soldaten hatte Trump jedenfalls "so etwas" schon einmal gesagt. Über seinen innerparteilichen Gegner, den mittlerweile verstorbenen Senator John McCain, hatte Trump im Wahlkampf 2016 gesagt, er respektiere ihn dafür, dass er im Vietnamkrieg abgeschossen worden sei und anschließend auch unter Folter durch vietnamesische Soldaten seine Kameraden nicht verraten habe, nicht: "Ich mag Leute, die nicht gefangengenommen wurden", hatte er damals gesagt.

C-SPAN

Nach McCains 2018 Tod habe Trump zu verstehen gegeben, dass er nicht begreife, wieso Flaggen auf halbmast gesetzt würden. "Wieso zum Teufel tun wir das, der Typ war ein verdammter Verlierer", soll Trump gesagt haben. Auch den ehemaligen Präsidenten George Bush Sen. hatte er als "Verlierer" bezeichnet, weil dessen Flugzeug im Zweiten Weltkrieg von den Japanern abgeschossen worden war.

"Was haben sie davon?"

Trump, der einen eigenen Einsatz in Vietnam unter Verweis auf einen angeblichen Fersensporn vermieden hatte, spricht Soldaten laut mehreren Berichten insgesamt die Intelligenz ab. Dies gelte vor allem dann, wenn sie der Wehrpflicht, anders als er selbst, nicht entkommen seien. Bei einem gemeinsamen Friedhofsbesuch mit seinem damaligen Stabschef John Kelly am Grab von dessen 2010 in Afghanistan getötetem Sohn habe er Derartiges ebenfalls durchblicken lassen: "Ich verstehe das nicht. Was hatten sie davon?", soll er dort – ebenfalls laut dem "Atlantic" – über den Einsatz der Soldaten gesagt haben.

Die Affäre hat jedenfalls das Potenzial, Trump im Wahlkampf zu schaden. Schon bisher planen nach einer Umfrage der Zeitschrift "Military Times" 41 Prozent der Soldatinnen und Soldaten, im November für seinen demokratischen Konkurrenten Joe Biden zu stimmen, nur 37 Prozent wollen für Trump votieren. Biden reagierte auch dementsprechend schnell und nahm zur aktuellen Causa Stellung. Es sei "unter vielen Pflichten die einzige heilige Pflicht unserer Nation", für jene ausreichend zu sorgen, die man in den Kriegseinsatz schicke, so Biden, dessen mittlerweile an Krebs verstorbener Sohn Beau im Militär gedient hatte. Biden selbst hatte in den 1960er-Jahren wegen seines Uni-Studiums fünfmal einen Aufschub vom Militärdienst erhalten und später als Politiker für dessen Ende Partei ergriffen. (mesc, 4.9.2020)