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Einen Quantencomputer, der Lichtteilchen für Rechenoperationen nutzt, wollen die Wissenschafter eines neuen Christian Doppler(CD)-Labors bauen, das am Freitag an der Universität Wien eröffnet wurde. So wie das Konzerne wie IBM oder Google bereits tun, wollen die Physiker diesen optischen Quantencomputer über das Internet frei zugänglich machen.

Weltweit arbeiten Wissenschafter an verschiedenen Lösungen zur Realisierung von Quantencomputern. Ziel ist es, mit Hilfe quantenphysikalischer Phänomene bestimmte Rechenaufgaben schneller als herkömmliche Computer zu lösen bzw. neuartige Anwendungen zu ermöglichen, die für herkömmliche Computer nicht möglich sind.

Anders als die kleinste Informationseinheit (Bit) eines konventionellen Computers, die nur exakt zwei Zustände (0 und 1) einnehmen kann, können die Qubits genannten Informationseinheiten des Quantencomputers mehrere Zustände gleichzeitig darstellen. Qubits können auf verschiedene Weise realisiert werden, etwa mit Ionen, Atomen, Photonen oder supraleitenden Schaltkreisen.

In den verschiedenen Labors sind solche Quantencomputer in kleinerem Maßstab bereits realisiert, "die Frage ist nur, wie nützlich oder wie universell diese schon einsetzbar sind", erklärte der Leiter des neuen "CD-Labors für optische Quantencomputer", Philip Walther, gegenüber der APA. Die Forscher an der Uni Wien setzen jedenfalls auf Photonen als physikalische Plattform ihre Quantencomputers und verweisen auf deren Vorteile, etwa ihre Robustheit und guten Möglichkeiten zur Manipulation.

Qubits

Im Labor der Wiener Physiker steht bereits ein kleiner Quantencomputer mit sechs Lichtteilchen, also sechs Qubits. Mit diesem wollen sie zunächst starten und voraussichtlich ab Ende kommenden Jahres gemeinsam mit dem Unternehmenspartner Tencent Mobility den Rechner über das Internet zur Verfügung stellen. "Wissenschafter und Nicht-Wissenschafter sind eingeladen, unser System zu bespielen", sagte Walther. Sukzessive soll dessen Leistungsfähigkeit auf mehrere Dutzend Qubits ausgebaut werden. "Wenn wir die ganzen Freiheiten ausnutzen und mehrere Qubits in ein Lichtteilchen einschreiben können, hoffen wir mit Ende der siebenjährigen Laufzeit des CD-Labors 60, oder vielleicht mehr Qubits kontrollieren zu können", sagte Walther.

Ähnlich wie das IBM oder Google mit ihren Quantencomputern tun, sollen Nutzer auch beim CD-Labor die Möglichkeit bekommen, die Qubits über das Internet zu präparieren und zu manipulieren und so "ihren eigenen Quantencomputer zu programmieren. Es gibt viele Ideen, die wir noch gar nicht am Radar haben. Wenn die Welt darauf zugreifen kann, kommen vielleicht neue Resultate heraus. Das hilft uns bei der Weiterentwicklung", so Walther. Parallel dazu soll damit auch die Entwicklung von Quantencomputer-Clouds vorangetrieben werden. Dazu sollen auch die Erfahrungen des Unternehmenspartners genutzt werden, der als Teil des chinesischen Internet-Konzerns Tencent zu den weltgrößten Anbietern von Web-basierten Programmen wie dem Messenger "WeChat" mit mehr als einer Milliarde Nutzern gehört.

In den von der Christian Doppler Gesellschaft (CDG) für jeweils sieben Jahre genehmigten CD-Laboren kooperieren Wissenschafter mit Unternehmen im Bereich anwendungsorientierte Grundlagenforschung. Das Budget kommt dabei jeweils zur Hälfte von der öffentlichen Hand und den Industriepartnern. (APA, 4.9. 2020)