Die Regierung will den Zugang zu bestimmten Seiten technisch unterbinden lassen.

Foto: sum

Die türkis-grüne Regierung will Hasspostings einen kurzen Prozess machen. Dafür wurde ein großes Gesetzespaket geschnürt, das am Donnerstag präsentiert wurde. Die Maßnahmen sehen auch Netzsperren vor, wie die Internetvereinigung ISPA am Freitag in einer Aussendung schreibt. Demnach sollen Internetanbieter gezwungen werden, den Zugang zu Webseiten oder Seiten auf Online-Plattformen technisch zu unterbinden, wenn darauf Hasspostings zu finden sind. Dem widersprechen die Grünen und das Justizministerium. "Es ist nicht unsere Intention Netzsperren auszuweiten", heißt es dazu aus dem Ministerium zum Standard.

Da das betreffende Gesetz noch in der Begutachtung sei, ist auch mit einer Klarstellung in der finalen Version des Gesetzestextes zu rechnen. Auch wird darauf hingewiesen, dass die Netz-Community ihre Feedback und ihre Verbesserungsvorschläge abliefern können.

Scharfe Kritik

In der Aussendung kritisierte ISPA-Generalsekretär Maximilan Schubert das Paket scharf: "Die österreichische Internetwirtschaft fordert die ersatzlose Streichung". Einmal mehr würden dabei Provider nach Abmahnung durch Privatpersonen in die Rolle des Gerichts gedrängt werden, mit massiver Rechtsunsicherheit konfrontiert und vor Problemen in Hinblick auf die Gewährleistung der Netzneutralität stehen. Die Netzsperren finden sich in den Änderungen im Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuch, die Netzsperren für die Bekämpfung von Persönlichkeitsrechtsverletzungen vorsehen. In Österreich kamen Netzsperren bisher gegen Piratenseiten zum Einsatz.

Gesetze

Mit ihrem Gesetzespaket will die Regierung Youtube, Facebook und andere große Social-Media-Plattformen bei der Löschung hetzerischer und beleidigender Inhalte stärker in die Pflicht nehmen. Und Betroffene sollen sich künftig einfach, schnell und (vorerst) kostenfrei gegen Hasspostings, Bedrohungen und Bloßstellung in Online-Foren wehren können.

Richter befürchten Verfahrensflut

Die Richtervereinigung befürchtet aufgrund der geplanten neuen Regeln einen deutlichen Mehraufwand. Die Ausweitung werde zu einem Anstieg an Verfahren führen, sagte Präsidentin Sabine Matejka im "Kurier". Im Entwurf der Regierung seien zudem keine Personalressourcen berücksichtigt. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) zeigte Verständnis und will abwarten.

Der Grund für die Sorgen: Zwar müssen bei Delikten wie übler Nachrede oder Beleidigung Opfer die Täter selbst ausforschen und bei der Anzeige nennen, da es sich um keine Offizialdelikte handelt. Bei Hasspostings allerdings können betroffene Personen künftig per Antrag das Gericht um die Ausforschung bitten. Das sei ein neuer, enormer Aufwand, sagte Matejka. Das Eilverfahren hält sie aber grundsätzlich für einen "guten Zugang".

"Also es wird tatsächlich noch eine Herausforderung", gab Justizministerin Zadić in der ORF-"ZiB 2" zu. Sie habe bereits mit der Präsidentin der Richtervereinigung gesprochen, "und es sind natürlich Schätzungen, die im Raum sind". Man werde einfach beobachten, wie viele Leute letztendlich den Weg zum Gericht wählen, stellte Zadić in Aussicht. (sum, APA, 4.9.2020)

Update 4.9. 2020 14:46: Text mit Stellungnahme aus dem Jusitzministerium erweitert. Und Überschrift geändert.

Update 4.9. 2020 14:47: Text mit Stellungnahme der Grünen erweitert.