Stefan Petzner, ehemaliger Politiker des BZÖ, brachte "oe24.at" mit seiner rassistischen Aussage zum Corona-Virus eine Rüge ein.

Foto: APA/GERT EGGENBERGER

Wien – Der Presserat sieht in dem Artikel "Petzner rastet auf oe24.TV gegen China aus" einen Verstoß gegen den Ehrenkodex für die österreichische Presse – konkret gegen Punkt 7, dem Schutz vor Pauschalverunglimpfungen und Diskriminierung. Erschienen ist der Artikel am 26. Mai 2020 auf "oe24.at". Der Presserat wurde tätig, nachdem sich mehrere Leser an ihn wandten und kritisierten, dass die verunglimpfenden Äußerungen Stefan Petzners weiterhin in voller Länge auf "oe24.at" abrufbar seien.

Im Artikel wird über ein Interview mit dem ehemaligen Politiker Stefan Petzner auf oe24.TV berichtet, informiert der Presserat am Freitag in einer Aussendung. Petzner habe Klartext zum Umgang mit der Corona-Krise reden wollen, was er dann auch bei Wolfgang Fellner getan habe. Es wird angemerkt, dass es Petzner besonders ärgere, dass niemand nach den Schuldigen fragen würde. Im Anschluss werden Zitate aus dem Interview wiedergegeben, in denen Petzner festhält, dass es die Chinesen gewesen seien und er das Coronavirus als "Schlitzaugen-Virus" bezeichne. Dem Artikel ist auch ein Ausschnitt des Interviews als Video beigefügt.

"Oe24.at" sieht ausreichende Distanzierung

Im Verfahren vor dem Presserat nahm der "oe24.at"-Chefredakteur teil. Er führte laut Presserat aus, dass schon der Titel des Artikels zum Ausdruck bringe, dass eine Identifikation des Mediums mit den Aussagen Petzners nicht vorliege. Wenn jemand "ausraste" bedeute das nicht, dass Besagter nachvollziehbar argumentiert hätte, sondern offensichtlich nicht mehr Herr seiner Sinne sei, so der Chefredakteur. Den Text im Wortlaut zu zitieren bzw. zum Original des TV-Interviews zu verlinken, halte man für legitim, weil es zur Dokumentation diene. Die Redaktionen von "oe24.at" und "oe24.TV" würden sich ausdrücklich von derartigen rassistischen und fremdenfeindlichen "Ausrastern".

Der Senat hält fest, dass die Bezeichnung "Schlitzaugen-Virus" eindeutig eine Pauschalverunglimpfung und Diskriminierung iSd. Punkt 7 des Ehrenkodex darstellt. Die Bezeichnung "Schlitzauge" für einen asiatischen Menschen ist ein diskriminierendes Schimpfwort.

Presserat: unkommentierte Wiedergabe

Der Presserat begründet die Rüge in seiner Aussendung wie folgt: "Nach Ansicht des Senats dürfen im Rahmen eines Zitats grundsätzlich auch fragwürdige Ansichten veröffentlicht werden. Voraussetzung ist hierfür jedoch, dass sich das Medium die Zitate nicht aneignet bzw. sich nicht mit diesen identifiziert. Die spezifischen Umstände des Falles erfordern es jedoch in einem weiteren Schritt zu prüfen, ob sich das Medium auf eine angemessene Art und Weise von den Zitaten abgegrenzt hat: Zu Beginn des Artikels wird festgehalten, dass Petzner im Interview 'Klartext' zum Umgang mit der Coronakrise reden wollte und dies auch getan habe. Mehrere Male wird angemerkt, dass Petzner sich darüber 'ärgere', dass niemand nach den 'Schuldigen' frage bzw. diese zur Verantwortung ziehe; in dem Zusammenhang werden auch die beleidigenden Äußerungen Petzners unkommentiert wiedergegeben. An keiner Stelle des Artikels wird auf den diskriminierenden Gehalt der Äußerungen hingewiesen; auch sonst ist dem Artikel nicht zu entnehmen, dass das Medium die Äußerungen als problematisch einstuft. Die Formulierung in der Überschrift, dass Petzner "ausgerastet" sei, hält der Senat in Anbetracht der Schwere der Diskriminierungen nicht für ausreichend."

Schließlich weist der Senat darauf hin, dass der Artikel erst nach der Live-Ausstrahlung der Sendung mit Petzner verfasst wurde. Der diskriminierende Teil der Sendung wurde also bewusst noch einmal zum Thema gemacht und extra in den Artikel eingebettet, so der Presserat. Die Medieninhaberin von "oe24.at" wird aufgefordert, über den Ethikverstoß freiwillig zu berichten. Das Medium ist – im Gegensatz zur Zeitung – nicht Mitglied des Presserats. (red, 4.9.2020)