Der grüne Gesundheitsminister Anschober muss derzeit viel Kritik einstecken – zumindest jene der Tiroler VP-Touristiker beruht auf unwahren Behauptungen.

Foto: APA/Helmut Fohringer

Innsbruck/Wien – Noch in der kommenden Woche will das Gesundheitsministerium das von Touristikern bereits sehnsüchtig erwartete Konzept zur Durchführung der Wintersaison vorstellen. Die Vorarbeiten dazu fanden in "sehr enger Kooperation mit dem Tourismusministerium" von Elisabeth Köstinger (ÖVP) sowie den Bundesländern und auch der Wirtschaftskammer statt. Es galt ein umfangreiches Regelwerk zu erstellen, das vom Contact-Tracing und Testen in Betrieben über den Betrieb von Après-Ski-Lokalen und Weihnachtsmärkten bis hin zum Rückreisemanagement infizierter Gäste reicht.

Durch die gute Zusammenarbeit aller Stakeholder sei es gelungen, ein aus mehreren Teilbausteinen bestehendes Konzept zu erarbeiten. Das ist für die Tourimusbranche wichtig, da die Wintersaison naht und man Planungssicherheit brauche, wie mehrfach betont wurde.

Doch gerade aus Tirol kam diesbezüglich in den vergangenen Wochen wiederholt heftige Kritik an Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Es waren ÖVP-Politiker wie der Präsident der Wirtschaftskammer Tirol (WKT), Christoph Walser, der WKT-Spartenobmann Hotellerie und Tourismussprecher im Landtag, Mario Gerber, sowie der Wirtschaftsbundobmann und Nationalratsabgeordnete Franz Hörl, die dem Minister Untätigkeit vorwarfen. Er "ignoriere seit Wochen proaktive Vorschläge aus Tirol", hieß es unisono.

Vorwürfe gegen Anschober unwahr

Immer wieder wurde auf eine "Konzept" aus Tirol verwiesen, das Anschober vor Monaten erhalten habe, jedoch ignoriere. Das besagte Konzept liegt dem STANDARD vor. Das elfseitige Papier trägt den Titel "Strategie für das Hochfahren des Tourismus in Zeiten von Covid-19 – Tirol-Konzept". Es ist vom 24. Juni 2020 und trägt das Logo des Landes Tirol. Wie eine Nachfrage beim Land ergab, ist dieses Konzept vom Einsatzstab des Landes erstellt und an das Gesundheitsministerium übermittelt worden. Das Ansinnen dahinter sei, sich "im Hinblick auf die nahende Wintersaison bundesweit rechtlich abzustimmen". Auch andere Bundesländer schickten solche Konzepte.

Von Untätigkeit Anschobers könne keine Rede sein, wie man seitens des Landes Tirol bestätigt: "Wir sind im regelmäßigen Austausch, und es kamen bereits Antworten des Ministeriums." Diese Abstimmungsarbeit brauche Zeit. Darauf angesprochen, räumt VP-Tourismussprecher Gerber ein: "Mag sein, dass das stimmt, aber es ist nichts passiert." Ihm sei vor allem die K1-Regelung wichtig, daher sehe er Anschober in der Hauptverantwortung. Dass auch VP-Ministerin Köstinger federführend an dem geforderten Konzept arbeitet, kommentiert Gerber folgendermaßen: "Mag sein, dass auch andere ÖVP-Regierungsmitglieder verantwortlich sind."

Ministerium ist Dringlichkeit bewusst

Seitens des Gesundheitsministeriums wird bestätigt, dass man sich der Dringlichkeit der Materie bewusst sei und mit Nachdruck an bundesweiten Regelungen in den noch offenen Punkten arbeite. Die meisten Fragen seien bereits geklärt, zuletzt fand vergangenen Mittwoch ein Treffen aller Stakeholder – darunter die Wirtschaftskammer, die Seilbahnen, die Hoteliersvereinigung und die Landestourismusdirektoren – mit dem Gesundheits- und Tourismusministerium statt. Man orientiere sich beim Erstellen der Maßnahmen an allen eingereichten Konzepten – auch Skischulen und Seilbahner haben ihre Wünsche und Ideen deponiert– und schaue auch über den Tellerrand Österreichs hinaus, um die besten Regelungen zu finden.

Das Konzept der Seilbahner, als deren Sprecher und Lobbyist VP-Abgeordneter Hörl fungiert, wurde allerdings bereits von der Direktorin des Instituts für Hygiene und Medizinische Mikrobiologie der Med-Uni Innsbruck, Cornelia Lass-Flörl, als "nicht ausreichend" beurteilt. Für das Ministerium gilt es wiederum, aus allen eingereichten Konzepten, die bisweilen einem Forderungskatalog gleichen, die möglichst besten und praktisch umsetzbaren Lösungen herauszufiltern. Dazu orientiere man sich nicht allein im Inland, sondern blicke auch über den österreichischen Tellerrand hinaus, wie es heißt.

Anschober in Tirol erwartet

Noch am Freitag wurde Minister Anschober zu Gesprächen zum Thema Pflege in Tirol erwartet. Im Rahmen dieses Besuchs wird er aber auch Landeshauptmann Günther Platter (ÖVP) treffen. Platter ist zugleich Tirols höchster Tourismusverantwortlicher, weshalb anzunehmen ist, dass es bei dem Treffen um das besagte Regelwerk für die Wintersaison gehen wird. (ars, 4.9.2020)