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Vor dem altehrwürdigen Cafè Dommayer in Wien-Hietzing kam es zu einer Auseinandersetzung, die das Bezirksgericht beschäftigt.

Foto: Reuters/Leonhard Foeger

Wien – Gerhard G. hat ein Problem mit den Hunden, die auf der Grünfläche seines Gemeindebaus ihr Geschäft verrichten. Deshalb fotografiert er sie und maßregelt die Besitzer, wie er Richterin Karin Binder am Bezirksgericht Wien-Hietzing erklärt. Der Abend des 14. Novembers hat ihn nun in wechselnden Rollen vor den Kadi gebracht: als Angeklagter, da er eine Hundebesitzerin geschlagen, getreten und verletzt haben soll. Und gleich anschließend als Opfer und Zeuge, da er behauptet, vom Freund einer weiteren Gassigehenden verprügelt worden zu sein.

Den Vorwurf, gewalttätig zu sein, streitet der mehrfach vorbestrafte Arbeitslose mit Vehemenz ab. Er erinnert sich so: "Da waren zwei Frauen mit Hunden. Ich habe sie gefragt, ob sie aus dem Bau sind, die eine hat ,Ja‘ gesagt. Dann habe ich den Hund fotografiert und bin ihr nachgegangen, weil ich das überprüfen wollte." – "Was für ein Hund war denn das?", fragt die Richterin. "So ein kleiner Scheißender", erhält sie als etwas unpräzise Antwort.

"Ab wann ist man betrunken?"

"Waren Sie betrunken?", interessiert Binder auch. "Ab wann ist man betrunken?", hört sie eine Gegenfrage. "Haben Sie an dem Abend Alkohol getrunken?" – "Ja, sicher." Das könnte der Grund sein, warum sich G. offenbar nicht erinnern kann, dass er eine ältere Frau mit Hund zunächst ausländerfeindlich beschimpft und attackiert hat und von der Polizei befragt wurde. Sowohl das von Alida Harrich vertretene Opfer als auch ihre Tochter, die zu Hilfe eilte, identifizieren ihn eindeutig als Angreifer. "Das ist eine totale Lüge!", empört sich der Angeklagte. Um die amtshandelnden Beamten und eine weitere Zeugin zu laden, wird dieser Prozess vertagt.

In weiser Voraussicht hat die Richterin auch zwei Polizisten in den Saal geholt, die ein Auge auf G. werfen sollen. In der Prozesspause zeigt sich der Sinn der Maßnahme: Im Gang giften sich G. und die beiden nächsten Angeklagten, der Protagonist einer ATV-Doku-Soap und seine Lebensgefährtin, lautstark an und müssen von den Beamten zur Ruhe ermahnt werden.

Drohung gegen Hund und Frauerl

Die Frau ist jene, die G. bis zum Café Dommayer verfolgt hat. Sie erzählt die Vorgeschichte völlig anders. "Ich war Gassi, der Herr hat mich gefragt, ob ich hier wohne. Ich habe ,Nein‘ gesagt. Darauf hat er gedroht: ,Dann schleich dich, sonst tret’ ich dich zusammen und bring’ deinen Hund um!‘" Sie packte ihr Tier, flüchtete in das Lokal und alarmierte telefonisch ihren Freund, der gerade von der Arbeit kam.

Der erschien rasch und gibt zu, G. "am Krawattl gepackt zu haben. Ich habe gesagt: ,Wennst deppad bist, hau ich dir eine aufs Maul‘, dann habe ich ihn weggestoßen." Dabei sei G. gestolpert. "Wenn i hinhau, schaut er anders aus!", ist der Angeklagte überzeugt. Auch seine Freundin bestreitet, auf den liegenden G. hingetreten zu haben.

Die Aussagen der unbeteiligten Zeugen sind widersprüchlich, G. selbst behauptet überhaupt, der Angeklagte habe ihn "wie ein Leopard" angesprungen und wie besessen verprügelt. Seine Verletzungen passen aber nicht zu dieser Version, weshalb das Paar nicht rechtskräftig freigesprochen wird. (Michael Möseneder, 4.9.2020)