Ernst Geiger, hier im Jahr 2011 nach einer Pressekonferenz, bekommt von oe24.at 2.000 Euro Entschädigung.

Foto: Christian Fischer

Wien – Ernst Geiger, der ehemalige Wiener Kripo-Chef und Spitzenpolizist im Bundeskriminalamt, hat sich erfolgreich gegen einen Online-Artikel von oe24.at gewehrt. Nachdem bereits das Landesgericht Wien das Medium wegen übler Nachrede und Verstößen gegen das Medienrecht zur Zahlung einer Entschädigung von 2000 Euro an Geiger verurteilt hat, wies das Oberlandesgericht (OLG) Wien nun die Berufung von oe24.at ab.

In der 15-seitigen Urteilsbegründung findet sich durchaus Interessantes. So stellte das Erstgericht fest: "Der durchschnittliche Leser der Website www.oe24.at ist keiner besonderen Bildungsschicht zugehörig und überwiegend an eher oberflächlicher Berichterstattung über das Tagesgeschehen interessiert, wobei auch ein Interesse an innenpolitischen Themen besteht."

Falsches Organigramm

Deshalb habe der durchschnittliche Leser aus dem Artikel im September 2019 nur einen Schluss ziehen können: Geiger habe als Polizist mit den Hintermännern des "Ibiza-Videos" Kontakte gehabt und sei sogar auf einem Organigramm eines Unternehmens mit vorbestraften Mitarbeitern als Experte für "Europa/bilaterale Beziehungen" aufgeführt.

Das Problem: Die Firma hatte den pensionierten Beamten ohne dessen Wissen auf das Organigramm gesetzt. Und mit einem in die Sache verwickelten Privatdetektiv gab es nur zwei Treffen – und zwar in den Jahren 2007 und 2010, als Ibiza noch hauptsächlich als Baleareninsel bekannt gewesen ist.

Die Webseite zitierte in dem Bericht allerdings einen anonymen Zeugen, wonach es noch mehr und spätere Treffen gegeben habe – eine Behauptung, die oe24.at-Chefredakteur Richard Schmitt im ersten Verfahren schon richtig stellte: Er wisse von keinen späteren Treffen.

"Reißerisch wahrheitswidrig" berichtet

In der OLG-Begründung liest sich das so: "Denn es wird eben gerade nicht nur von einem Treffen berichtet, sondern von einer politisch brisanten Verbindung, die noch wie soeben dargetan reißerisch wahrheitswidrig ausgeführt wird."

Auch dem Einwand von oe24.at-Rechtsvertreter Peter Borbas, wonach die Strafe von 2.000 Euro zu hoch sei, kann das OLG nichts abgewinnen. "Bei einem Entschädigungsrahmen von bis zu EUR 20.000,– ist die mit EUR 2.000,– ausgemittelte Entschädigung ohnedies am äußerst unteren Rand ausgemittelt", stellt der Senat fest. (Michael Möseneder, 6.9.2020)