Die 38-jährige Krug veröffentlichte Schriften über Afrika und Lateinamerika.

Foto: Duke University

Wer die Vorfahren der US-Akademikerin Jessica Krug sind, wo sie aufgewachsen ist und welchem Kulturkreis sie angehört, war in den vergangenen Wochen offenbar für Kolleginnen und Kollegen der 38-Jährigen von großer Bedeutung. Die Professorin für Afrikanische und Lateinamerikanische Studien hatte sich in Widersprüche über ihre Herkunft verstrickt und trat in einem Blogeintrag am Donnerstag die Flucht nach vorne an. Sie sei nicht schwarz, so wie sie sich selbst immer dargestellt habe, sie sei vielmehr das Gegenteil davon: nämlich eine weiße Jüdin aus einem Vorort von Kansas City.

Die scharfe Verurteilung ihrer falschen Herkunft zeigt einmal mehr die aufgeheizte Stimmung um kulturelle Identität in den USA. Während unter Black Lives Matter gegen Gewalt an Nichtweißen demonstriert wird, gilt auch die Aneignung fremder Kulturen als Form von Rassismus – und im weiteren Sinn auch als Diebstahl von Identität.

Mehrere Identitäten

Krug arbeitet seit 2012 an der George Washington University und veröffentlichte Schriften über Afrika, Lateinamerika, die Diaspora und Identität. Dabei betonte sie ihre Zugehörigkeit zur Gemeinschaft der Schwarzen und Latinos. In ihrem Blogeintrag, in dem sie über ihre Lügen schrieb, erzählte sie von mehreren Identitäten, die sie während ihres Lebens angenommen habe: zuerst eine nordafrikanische, dann eine nordamerikanische und schließlich eine karibische schwarze Identität.

Krug entschuldigte sich und schrieb: "Ich bin kein kultureller Geier, ich bin ein kultureller Blutegel." Als Grund für ihr Vorgehen nannte sie psychische Probleme und Kindheitstraumen, die sie aber nicht näher definierte und auch nicht als Entschuldigung verwenden wollte. Selbst in ihrem Privatleben habe sie vorgegeben, schwarz zu sein.

Eine ihrer Studentinnen beschrieb Krug auf CNN als eine charismatische Lehrende, die über spannende Themen wie die indigene Population in Chile oder die Rolle von Reis in der afrikanischen Diaspora dozierte. Sie habe nicht geahnt, dass Krug über ihre Herkunft Lügen verbreiten könnte, obwohl sie einmal von ihren Vorfahren in der Dominikanischen Republik und dann wieder von ihren Wurzeln in Puerto Rico gesprochen habe.

In dem Vorwort zu ihrem Buch von 2018 über die Geschichte von Gemeinschaften in Angola schrieb Krug über ihre Vorfahren – "in meinem Barrio (spanischsprachiger Stadtteil, Anm.), in Angola oder in Brasilien". (Bianca Blei, 4.9.2020)