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Ein Landtagsausschuss wird nun scharf zurückblicken auf den Pallawatsch und Ballawatsch, den die Commerzialbank angerichtet hat.

Foto: Martin Juen / SEPA.Media / picturedesk.com

Der Sommer ist turbulent gewesen. Nicht nur im Burgenland, aber im Burgenland ganz besonders. So besonders, dass man dem Hans Peter Doskozil die fundamentalste aller Lebenserkenntnisse richtiggehend ablesen konnte vom grantigen Gesicht: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Eigentlich war der Sommer nämlich der gar nicht mehr so geheimen Ambition des burgenländischen Landeshauptmannes gewidmet. Ausgestattet mit einer Ende Jänner erst errungenen absoluten Mehrheit, verstand und versteht er sich ja zunehmend als einer, der führend mithelfe möchte, die Sozialdemokratie gewissermaßen vom Kopf wieder auf die Füße zu stellen; mit einer forciert linken Sozial- und einer forciert forschen Migrationspolitik.

High Noon

Im Juli tourte er mit ein paar Getreuen diesbezüglich gar durch Deutschland: Berlin, Nordrhein-Westfalen, Baden-Württemberg. Auch Nils Heisterhagen – den Dosko-Aficionado und Prediger wider den linken Schwurbelton – traf man. Im Auge hatte man da schon die Zeit nach der Wien-Wahl Anfang Oktober. Die stellten sich Burgenlands Rote zweifellos als eine Art High Noon vor. HPD wäre dann der, der am Ende nicht im Staub der mittagsheißen Main Street liegt.

Und dann aber das! Bankchef und Fußballzampano Martin Pucher tackelte mit dem Gestreckten ins Standbein der Ambition.

Genussvolles Bohrln

So schnell kann selbst der auf beide Füße gestellte Sozialdemokrat nicht schauen, dass nicht aus Bank und Ball im Handumdrehen ein veritabler Pallawatsch geworden ist, der das politische Burgenland noch weit über die Wien-Wahl hinaus beschäftigen wird. Der Landeshauptmann wird im eigenen Land alle Hände voll zu tun haben.

Der vereinigten Opposition im Landtag – ÖVP, FPÖ, Grüne – kommt das nicht sehr ungelegen. Genussvoll bohrlt man in die rote Lücke, die sich unverhofft aufgetan hat. Vor allem die ÖVP wird nicht müde, den Roten die Skandalbank des Martin Pucher umhängen zu wollen: Immerhin ist der rote Soziallandesrat Christian Illedits wegen verbotener Geschenkannahme schon zurückgetreten. Die Roten fahren die Retourkutsche: Immerhin hätten die Aufsichtsräte der Betrügerbank eine auffallende ÖVP-Nähe.

U-Ausschuss

Heftig zeigt man mit Fingern aufeinander, zeiht einander ungehöriger Pucher-Nähe. Zuweilen so sehr, dass in der vergangenen Landtagssitzung nicht nur die bekannt besonnene grüne Klubchefin Regina Petrik zur Mäßigung aufrief, sondern auch der blaue Johann Tschürtz.

Am letzten Augusttag einigten sich die Opposition dann darauf, einen Banken-Untersuchungsauschuss einzusetzen. Die rote Landesregierung ist – auch deshalb, weil sie es gar nicht könnte, wollte sie – nicht dagegen, obwohl sie einen U-Ausschuss lieber im Bund sehen würde, wo man sich dann ausführlich dem schwarzen Finanzministerium und dessen Zuständigkeit für die prüfzuständige Finanzmarktaufsicht und die Nationalbank widmen könne.

Ballawatsch

Verena Dunst, die rote Landtagspräsidentin, hat am Freitag erklärt, sie wolle "keine Politshow zulassen". Noch im September könne begonnen, dann die Sache zügig durchgezogen werden. Vorgesehen sind sechs Monate.

Eine Wörtchen mitreden wird das Landes-Verwaltungsgericht. Die Grünen wollen dort klären lassen, ob es zulässig ist, den SV Mattersburg links liegen zu lassen. Eine diesbezügliche Passage im Einsetzunganstrag wurde nämlich gestrichen.

Der Pallawatsch und der Ballawatsch seien aber die zwei Seiten derselbe Medaille. Regina Petrik: "Wird das gestrichen, dürften wir nicht mehr fragen, ob der SV Mattersburg Gold, Tickets oder sonstiges verschenkt hat."

Allesamt sind sie, schwören sie Stein und Bein, an voller Aufklärung interessiert. Die einen halt so, die anderen so. Auch die nächsten Jahreszeiten werden also turbulent genug bleiben für ein so kleines, unscheinbares Land.

Déjà-vu

Ältere Mitbürgerinnen und Mitbürger erlebten in diesem Sommer eine Art Déjà-vu. Vor genau 20 Jahren zerriss es die Bank Burgenland. Das führte zu einem U-Ausschuss, der zur vorgezogenen Neuwahl, die zur Ära des Hans Niessl, die erst im Vorjahr mit der Stabübergabe an Hans Peter Doskozil endete.

Die Bank Burgenland ist freilich eine echte Landesbank gewesen, ausgestattet mit Landeshaftungen. Im Gegenzug gab es auch entsprechend politische Einflussmöglichkeiten, die reichlich genutzt wurden. Mit dem Privatreich des Martin Pucher ist das nicht wirklich vergleichbar. Aber die politischen Akteure tun alles, solche Vergleiche herbeizubeten.

Zuletzt brachte Johann Tschürtz gar seinen Ex-Parteichef und emeritierten Richter Wolfgang Rauter als möglichen Verfahrensrichter ins Spiel. Rauter, damals blauer Klubobmann, führte vor 20 Jahren den Vorsitz im Banken-Ausschuss.

Den burgenländischen Omas und Opas kann man es da nicht verargen, wenn sie die Enkerln um sich scharen und – in warnendem Ton – anheben zu erzählen: "Es war einmal ein Land ..."

Sieben Berge

Hinter den sieben Bergen – Leithaberg, Brennberg, Csáterberg, Wörtherberg, Burgauberg, Neudauberg und die brave, wetterscheidende Rosalia – ist die Welt freilich gar nicht so viel anders als anderswo. Man hat nur hin und wieder den Eindruck, es wäre so. Aber auch zwischen Kittsee und Landsee wollen die sieben Zwergen im Grunde nichts anderes, als ihre sieben Zwetschken zusammenzuhalten. Schneewittchen hin, Schneewittchen her. Das ist wie überall anders auch.

Dennoch kann es wohl nicht schaden, das Burgenland zuweilen mit den zuweilen zwinkernden Augen der Brüder Jacob und Wilhelm Grimm zu betrachten. Und solcherart etwa von der Müllerstochter zu reden, die da – freiend gewissermaßen – zum König kam mit dem Versprechen, ihm aus dem Stroh das nötige Gold zu spinnen. Auf pannonisch geht’s verkehrt herum: Da wird mit fleißiger Hand aus Gold Stroh gesponnen.

Aber auch das ist kein geringes Wunder.

Geldscheißer

Aber jedes Wunder hat natürlich seine Kehrseiten – die blauen Wunder. Wer, geblendet vom Geldscheißen, bloß "Bricklebrit!" ruft, überhört häufig das dazugehörige Kommando: "Knüppel aus dem Sack!"

Auch das Rumpelstilzchen war einst so voll naiver Zuversicht: "Heute back ich, morgen brau ich ..." Aber wie es halt so ist: Erstens kommt es anders, zweitens als man denkt.

Und so beendet die Oma, der Opa die Geschichte. Mit diesem einen traurigen Seufzer: "Wenn sie nicht gestorben sind, so tun sie's auch noch heute." (Wolfgang Weisgram, 8.9.2020)