Guter Versuch, aber auf Dauer wird Messi nicht mehr in Barcelona zu halten sein.

Foto: AFP/ PAU BARRENA

Barcelona – Wenn Lionel Messi am Montag die Ciutat Esportiva Joan Gamper betritt, ist es nicht mehr, wie es einmal war. Der Wirbel um den Wechsel-Versuch des sechsfachen Weltfußballers hat beim lebenden Denkmal des FC Barcelona und dem Verein selbst Spuren hinterlassen.

Frischer Wind

Bei einer festgeschriebenen Ablösesumme von 700 Millionen Euro, die Messi mit einer Klausel umgehen wollte, werden auch Erfolgsgemeinschaften auf eine maximale Zerreißprobe gestellt. Nachdem die Mannschaft unter dem neuen Trainer Ronald Koeman bereits seit einer Woche die Vorbereitung auf die neue Saison aufgenommen hat, soll Messi – wenn der Corona-Test negativ ausfällt – Anfang der Woche dazustoßen.

Nicht nur, dass Koeman bereits angemerkt haben soll, dass er Messi nicht mehr die gewohnten Privilegien einräumen will, bleibt auch die Frage, wie sich die Fans des Klubs verhalten, wenn auch in der kommenden Spielzeit der Erfolg ausbleibt. In der vergangenen Saison holte der FC Barcelona nicht einen Titel.

Luis Enrique pro Freigabe

Der Zwangsverbleib birgt Zündstoff. Es scheint mehr als fraglich, ob der widerwillige Verbleib des Argentiniers trotz seiner Generalabrechnung mit dem Klub die richtige Entscheidung ist. Der spanische Nationaltrainer und frühere Barca-Coach Luis Enrique vertritt jedenfalls die Meinung, dass Messi besser die Freigabe erteilt worden wäre. "Ich denke, Klubs stehen über jedem Spieler. Barcelona wurde 1899 gegründet und ist einer der besten Vereine der Welt. Er hat immer Titel gewonnen", sagte Enrique: "Ich hätte es viel lieber gesehen, wenn es eine Einigung gegeben hätte." Früher oder später werde Messi, der von 2014 bis 2017 unter Enrique spielte, ohnehin nicht mehr in Barcelona sein: "Der Klub wird ohne Messi weiterhin Titel gewinnen, genauso wird Messi noch viele Jahre wunderbar sein, wenn er gegangen ist."

Müssen Messi-Freunde wie Luis Suarez oder Arturo Vidal den Verein wie bisher geplant verlassen, dürfte das Messis Laune nicht zuträglich sein. Es heißt, Koeman liebäugele mit den Verpflichtungen seiner Landsleute Memphis Depay von Olympique Lyon und Georginio Wijnaldum von Liverpool.

Hoffen auf Coutinho und Fati

Hoffnung auf bessere Zeit wecken derzeit aber nur der aus München zurückgekehrte Philippe Coutinho, der am Freitag das Training schon vier Tage vor Ende seines Urlaubs wieder aufnahm, und vor allem Ansu Fati. Der 17-Jährige feierte am Donnerstag gegen Deutschland ein gutes Debüt im spanischen Nationalteam und wird von manchen schon als neuer Messi gesehen.

Doch noch ist der alte Messi da. Er versicherte, "alles geben" zu wollen. Im gleichen Atemzug stichelte er aber schon wieder gegen die Chefetage um Josep Maria Bartomeu: "Schon seit langem gibt es kein Projekt oder sonst irgendetwas. Sie betreiben Flickschusterei." Medienberichten zufolge sind einige Vorstandsmitglieder bereits besorgt um die Zukunft des Klubs. Ein weiterer Machtkampf steht spätestens im Frühjahr 2021 an, wenn es um die neue Besetzung des Präsidentenpostens geht.

Probleme prolongiert

Für die spanischen Medien ist klar, dass der Wirbel um Messi weitergehen wird. "Messi bleibt, die Krise auch. Der Argentinier macht mit knirschenden Zähnen weiter. Es bleiben viele Fragen offen", schrieb die Zeitung Marca: "Das Theater hat ein Ende, aber auch nur auf dem Papier." Die Konkurrenz von AS sieht "eine Niederlage für alle".

Ohne die Corona-Pandemie wäre es wohl nicht zu dieser Niederlage gekommen. Bei einem normalen Saisonverlauf hätte Messi wahrscheinlich nach dem Ende der Spielzeit im Juni seine Klausel für einen vorzeitigen Ausstieg gezogen. Da die Saison aber erst wesentlich später endete, entbrannte Streit um die Wirksamkeit und den Zeitpunkt der Klausel. (APA, dpa, sid, red, 6.9.2020)