Eine Herstellerabgabe, ein Einwegpfand und eine Mehrwegquote sollen Plastikberge reduzieren.

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Wien – Es ist ein Thema, das die Regierung bisher umschifft hat: Soll in Österreich ein Pfand auf Einwegflaschen eingehoben werden oder nicht? Die Formulierungen im Regierungsprogramm lassen Deutungsspielraum offen: Von einer "konsequenten Umsetzung der Einwegplastikrichtlinie" ist da die Rede. Oder von "gezielten Maßnahmen zur Reduktion von Einwegverpackungen" – mit einer "forcierten Kooperation" mit dem Handel. Nur das Wort "Pfand" fällt nicht.

Die Grünen fordern seit langem einen solchen auf Einwegflaschen, damit weniger Plastik in der Umwelt landet. Die ÖVP ist sich offenbar uneins: Elisabeth Köstinger warb in ihrer Amtszeit als Umweltministerin auf EU-Ebene für eine Reduktion von Verpackungsmüll und gab eine Studie für die Umsetzung eines Pfandsystems in Auftrag. Bis zur Präsentation, die erst heuer im Jänner stattfand, floss noch viel Plastik die Donau hinunter, die ÖVP-Frau ist mittlerweile nicht mehr für das Thema zuständig. Das erleichtert vieles für die Volkspartei, laufen ÖVP-nahe Wirtschaftsverbände doch seit jeher gegen ein Pfandsystem Sturm.

Drei-Punkte-Plan gegen Plastikflut

Stattdessen ist nun die grüne Klimaschutzministerin Leonore Gewessler am Zug. Sie stellte am Montag in einer Pressekonferenz einen "Drei-Punkte-Plan gegen die Plastikflut" vor. Der Maßnahmenkatalog folgte auf die Ankündigung von Regierungspartner Gernot Blümel (ÖVP), die ab 2021 von der EU eingehobene Abgabe auf nicht recycelte Kunststoffverpackungen aus dem laufenden Budget zu bezahlen. Für Österreich würde die Summe jährlich 160 bis 180 Millionen Euro ausmachen, rechnete Gewessler vor. Einen Lenkungseffekt gebe es dabei jedoch nicht.

In einem ersten Schritt soll eine Mehrwegquote in Supermärkten eingeführt werden, so der grüne Plan. "Die Bringschuld liegt beim Einzelhandel", sagte Gewessler. Konsumenten sollen beim Einkauf Alternativen zum Plastik geboten werden, der Anteil von Mehrweggebinden soll deutlich steigen. Geplant ist eine verbindliche Quote: Ab 2023 soll jede vierte Getränkeverpackung eine Mehrwegflasche sein, ab 2030 soll die Quote bei 55 Prozent liegen.

Das Mehrwegsystem hätte sich bereits in der Vergangenheit bewährt, sagte die Politikerin: In den 1990er-Jahren lag der Mehrweganteil bei fast 90 Prozent, derzeit würden nur rund 19 Prozent aller Getränke in Pfandflaschen abgefüllt werden.

Einwegpfand auf Flaschen

Darüber hinaus soll ein Einwegpfand auf Plastikflaschen und Dosen die Verschmutzung der Natur reduzieren. Das Fazit der Köstinger-Studie dazu: Um getrennte Sammelquoten von 90 Prozent zu erreichen, wäre ein Pfandsystem auf Einwegflaschen die kostengünstigste Variante. Wie hoch das Pfand auf Flaschen und Dosen künftig ausfallen könnte, ließ Gewessler offen. Aus dem Ministerium ist allerdings zu hören, dass ein Pfand von 25 bis 30 Cent realistisch sei.

Darüber hinaus ist eine ökologisch gestaffelte Herstellerabgabe für Plastikverpackungen geplant. Produzenten und Importeure sollen künftig eine Abgabe in der Höhe von 80 Cent pro Kilogramm in Verkehr gebrachter Plastikverpackung zahlen.

Wirtschaftskammer-Generalsekretär Karlheinz Kopf nannte den Vorstoß am Montag "ein Belastungspaket im ökologischen Mäntelchen". Er fürchtet einen Wettbewerbsnachteil für kleine Geschäfte. Wirtschaftsbund und Handelsverband brachten ähnliche Bedenken an den Tag. Diese Argumentation wies Gewessler bereits im Vorfeld zurück, sie wolle Greißler unterstützen. Geplant seien Ausnahmeregelungen für die ganz Kleinen. So könne etwa bei der Verkaufsfläche differenziert werden.

Gesetz soll überarbeitet werden

In den nächsten Wochen soll das Abfallwirtschaftsgesetz nun jedenfalls überarbeitet werden. Darin sollen die Mehrwegquote festgelegt und auch die Grundlage für das Einwegpfand geschaffen werden. Die geplante Herstellerabgabe auf Plastikverpackungen soll im Herbst Thema in den laufenden Budgetverhandlungen sein. Wann Pfand, Abgabe und Quote genau kommen werden, konnte die Ministerin nicht beantworten.

Derzeit fallen in Österreich jährlich rund 900.000 Tonnen Plastikabfall an, ein Drittel davon fällt auf Plastikverpackungen. Pro Jahr werden in Österreich 45.000 Tonnen Einweg-Plastikflaschen verkauft.

Die Reaktionen auf den Plan fielen am Montag erwartungsgemäß unterschiedlich aus: Die Umwelt-NGOs Greenpeace und Global 2000 begrüßten in Aussendungen den Vorstoß. FPÖ-Umweltsprecher Walter Rauch sprach hingegen von einem "reinen Täuschungsmanöver", er hätte sich einen konkreten Fahrplan erwartet. Die SPÖ forderte ihrerseits ein Ende der "jahrzehntelangen Blockadepolitik der ÖVP". Und die Volkspartei selbst? Das bleibt offen. Ein Rundruf ins Wirtschafts- und ins Landwirtschaftsministerium blieb ergebnislos. Im Bundeskanzleramt verwies man auf den türkisen Staatssekretär im Klimaministerium. Dieser war bis Redaktionsschluss nicht erreichbar. (Nora Laufer, 7.9.2020)