Die Breitbandversorgung in Wien ist ungleich verteilt...

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... Eine Karte der Wirtschaftskammer Wien zeigt, dass vor allem die städtischen Randgebiete ein Internetproblem haben. Und dort sind viele Firmen angesiedelt.

Grafik: Der Standard

Wien – Wenn es um Breitbandinternet geht, liefern sich Politik und private Netzanbieter in Österreich einen Wettkampf um Superlative. Die Betreiber werben mit schnellem und stabilem Internet, in Wien werden von Firmen aktuell maximale Downloadgeschwindigkeiten zwischen 300 und 1000 Mbit pro Sekunde angeboten.

Die Stadt Wien selbst hat bereits vor fünf Jahren angekündigt, dass mit einer Breitbandoffensive flächendeckend im Stadtgebiet 100 Mbit pro Sekunde verfügbar sein sollen. Langsames Internet in einer immer weiter digitalisierten Stadt sollte damit der Vergangenheit angehören. Die damalige Finanzstadträtin Renate Brauner (SPÖ) nannte im Jahr 2015 als Zeithorizont für die Umsetzung der Aufrüstung Ende 2020. Möglich machen sollten das Gelder aus der Breitbandmilliarde des Bundes, auf die sich 2013 die damalige SPÖ-ÖVP Koalition geeinigt hat.

An diesem Ziel ist man in Wien aber deutlich gescheitert. Denn die Rundfunk und Telekom Regulierungs-GmbH (RTR) weist in ihrem aktuellen Bericht mit Werten aus dem ersten Quartal 2020 für Wien eine durchschnittliche Download-Geschwindigkeit von 29 Mbit pro Sekunde aus. Das ist laut der Behörde zwar der höchste Wert aller Bundesländer: 100 Mbit sind das aber bei weitem nicht. Schlusslicht bleibt weiterhin Oberösterreich mit einem Medianwert von 20 Mbit pro Sekunde.

Mindestwerte nennen

Ein Durchschnittswert von 29 Mbit pro Sekunde in der Großstadt Wien bedeutet aber auch, dass tausende Haushalte und Firmen sich mit Werten weit unter dieser Download-Rate begnügen müssen. Das zeigt auch der online abrufbare Breitbandatlas des Bundes. Wiens Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck ortet hier doppelten Handlungsbedarf.

So fordert Ruck die Anbieter von Breitbandinternet auf, Mindestwerte zu nennen, die mit dem Internetanschluss garantiert werden können. "Die versprochene Leistung muss mit der garantierten Leistung in Einklang gebracht werden", sagt Ruck dem STANDARD. Es könne nicht sein, dass maximale Download-Raten von 100 Mbit pro Sekunde und mehr versprochen werden – "und dann wird nur ein Bruchteil davon erreicht". Ruck schwebt vorerst keine gesetzliche Regelung, sondern eine freiwillige Selbstverpflichtung der Anbieter vor, auch Mindestraten – zusätzlich zu den Maximalgeschwindigkeiten – nennen zu müssen.

Bei Internettests in ausgewiesenen Wiener Betriebsgebieten durch die Wirtschaftskammer im ersten Halbjahr 2020 zeigten sich erhebliche Lücken zwischen den versprochenen und erreichten Werten. Mit Datenpaketen zwischen 150 und 300 Mbit pro Sekunde Downloadvolumen wurden bei den Firmen im "Vienna Business District Ost" teilweise nur 20 bis 55 Mbit pro Sekunde geschafft. Auch im Bereich Uploads wurde eine größere Diskrepanz festgestellt.

Dabei wird von Anbietern teilweise bereits mit Maximalwerten von bis zu 1000 Mbit pro Sekunde geworben. Das färbt auch auf die Bundesregierung ab: Das Programm von Türkis-Grün sieht vor, dass das gesamte Staatsgebiet bis spätestens 2030 mit 1000 Mbit pro Sekunde schnellem Internet versorgt wird.

Die Wahrheit hinter dieser Überschrift: Aktuell sind es durchschnittlich weniger als 30. Dabei sah schon die Initiative Breitband Austria 2020 des Bundes eine nahezu flächendeckende Versorgung der Bevölkerung mit 100 Mbit pro Sekunde bis Ende dieses Jahres vor. Daraus wird aber einmal nichts.

Triste Lage in Randgebieten

Wirtschaftskammer-Chef Ruck fordert jedenfalls auch von der Stadt Wien schnelles Internet ein, das für viele Betriebe "inzwischen genauso wichtig wie ein Stromanschluss" ist. Die Hauptstadt habe vor allem in den Randgebieten, wo viele Unternehmer angesiedelt sind, ein veritables Internetproblem – etwa in den Betriebszonen der Vienna Business Districts (siehe Grafik).

Grafik: Der Standard

"Ich wäre schon froh, wenn in ganz Wien 30 Mbit pro Sekunde garantiert werden könnten", so Ruck. Hier dürfe Wien den Ausbau nicht verschlafen und müsse den Breitbandausbau erleichtern.

Ruck schlägt vor, die Mietkosten für Sendeanlagen auf städtischen Gebäuden inklusive Wiener Wohnen deutlich zu senken. Laut Wirtschaftskammer gibt es für Betreiber oft keine Alternative, "weil 25 Prozent der Wohnungen und Gebäude in Wien im Stadteigentum sind".

"Trenching" laut Ruck nicht zugelassen

Außerdem soll die Verlegemethode "Trenching" zur Verlegung von Glasfaserkabeln erlaubt werden, die kostengünstig sei. Dabei werden schmale Schlitze in die gehwegseitige Bordsteinkante gefräst. Grabungskosten sollen laut Wirtschaftskammer auf ein Drittel reduziert werden können. Diese Verlegemethode ist laut Ruck aber nicht von der MA 28 (Straßenverwaltung und Straßenbau) zugelassen. Außerdem soll die Stadt privaten Betreibern erlauben, ihr eigenes Glasfasernetz mitbenützen lassen.

Laut Ruck müssten in einem ersten Schritt etwa 21 Millionen Euro investiert werden, um 43.550 unterversorgte Unternehmen an schnelles Internet anschließen zu können. Die Anschlusskosten für die insgesamt noch rund 70.000 unterversorgten Haushalte taxiert die Wirtschaftskammer auf 34 Millionen Euro.

Dem stehen Berechnungen der Wirtschaftskammer gegenüber, nach denen durch die mangelnde Datenleitungsversorgung ein Wertschöpfungsentgang von etwa 21,8 Millionen Euro pro Jahr entsteht. Laut Ruck würden sich daher die Investitionen in die Internetinfrastruktur rasch rechnen. (David Krutzler, 17.9.2020)