Durch die Corona-Pandemie gelten in den Schulen diverse Sicherheitsmaßnahmen – in manchen Fällen auch Maskenpflicht.

Foto: Herbert P. Oczeret
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Dies ist ein computergeneriertes, auszugsweises Transkript zu Testzwecken. Derzeit erwägen wir Möglichkeiten, wie und ob wir künftig ausgewählte Podcasts auch in schriftlicher Form anbieten können. Die Aufnahme ins reguläre Angebot hängt unter anderem vom Leserinteresse ab. Feedback zu diesem Angebot nehmen wir gerne im Forum entgegen!


Antonia Rauth: Lisa, heute geht in Teilen Österreichs die Schule wieder los – wie sieht der Schulalltag mit Corona denn aus? Müssen die Schüler Masken tragen? Gibt es Abstandsregeln?

Lisa Nimmervoll: Hallo Antonia, ab jetzt oder seit Freitag müssen wir da immer sagen: Kommt drauf an, wie "meine" Corona-Ampel leuchtet, denn entscheidend, ob und wo man zum Beispiel die Maske tragen muss, wird sein, in welcher Stadt oder welchem Bezirk ich lebe. Das gilt natürlich auch für die Schulen. Im Moment hat fast ganz Österreich grünes Licht, bis auf die Städte Wien, Graz, Linz und der Bezirk Kufstein, die in der ersten Ampelschaltung auf Gelb gestellt wurden. Es gibt dort also ein "mittleres" Infektionsrisiko.Für den Schulbeginn im Osten heißt das jetzt aber einmal in den "grünen" Ländern Niederösterreich und Burgenland, dass in der Schule schlicht das gilt, was für uns alle im Moment Alltag ist oder sein sollte: In Deutschland hat man das auf die schöne und prägnante AHA-Formel gebracht: Abstand halten, Hände waschen, Alltagsmaske. Heißt konkret: Distanz – die österreichische Regierung hat da den ein bisschen infantilisierend wirkenden Babyelefanten als Richtmaß eingeführt, ideal wären 1,5 Meter, Minimum ist ein Meter. Hände waschen sollte ohnehin auch ohne Pandemie eine Selbstverständlichkeit gewesen sein – und überall, wo das mit dem Abstand nicht so leicht machbar ist, sollte ein Mund-Nasen-Schutz getragen werden. Auch bei grün. Und, in den Schulen besonders wichtig: lüften, lüften, lüften.

Antonia Rauth: Sind diese Regeln überall gleich – oder gelten da, wo die Corona-Ampel auf gelb steht, strengere Vorschriften?

Lisa Nimmervoll: Ja, die Ampelfarben signalisieren ja eine steigende Dringlichkeit der Schutzmaßnahmen, weil die Infektionsgefahr dort höher ist. Also kommen zur Basis-Corona-Prävention zusätzliche Maßnahmen dazu. Und da sind wir bei Wien, wo der Schulstart heute mit der Ampelfarbe Gelb abläuft. Das heißt konkret: In den Schulen müssen alle – SchülerInnen und Lehrkräfte – außerhalb der Klassen verpflichtend einen Mund-Nasen-Schutz, also eine Maske, tragen. Im Konferenzzimmer soll die Maske dann getragen werden, wenn nicht genug Platz für genug Abstand ist – und das wird in Kenntnis der österreichischen Verhältnisse in so gut wie allen der Fall sein.Sport soll bei Gelb überwiegend im Freien stattfinden, ein schöner Herbst sollte dem nicht im Weg stehen, in der Turnhalle darf nur noch unter besonderen Auflagen gesportelt werden, das heißt in kleinen Gruppen, es muss eine ordentliche Belüftung geben und keine Kontaktsportarten, also kollisionsanfällige Spiele wie Völkerball, Basket-, Volley- und natürlich Fußball spielts in Wien im Moment drinnen nicht.Das andere Problemfeld – Stichwort Aerosole – ist der Musikunterricht bzw. betrifft die Schulchören. Bei Gelb darf nur im Freien gesungen werden oder aber – und das stelle ich mir praktisch ein bisschen schwierig und eher bizarr vor – nur mit Maske.·

Antonia Rauth: Wie viel Autonomie haben die Schulen bei den Maßnahmen eigentlich? – gibt es Schulen, die von sich aus auf strengere Corona-Regeln setzen?

Lisa Nimmervoll: Ja die gibt es, aber das wird recht streng gehandhabt. Der Polytechnischen Schule in Wien-Währing etwa hat das Bildungsministerium ausrichten lassen, dass eine Maskenpflicht via Hausordnung "keine Option" sei. Die Schule hatte argumentiert, dass der Corona-Abstand zwischen den SchülerInnen nicht gewährleistet werden könne und sie sich deshalb selbst eine weitreichendere Maskenpflicht auferlegen wollte. Das Nein des Ministeriums dazu verstehe ich persönlich nicht wirklich. Warum sollte eine Schule, die zum Beispiel im Schulgemeinschaftsausschuss beschließt, dass auch im Unterricht Masken getragen werden, weil eben die räumlichen Verhältnisse so beengt sind, das nicht tun dürfen? Zumal wir wissen, dass die Maske wirkt. Sie schützt uns selbst und die anderen.Allerdings hat das Ministerium in der jüngsten Covid-19-Verordnung festgelegt, dass DirektorInnen zusätzlich eine Maskenpflicht festlegen dürfen, zum Beispiel für den Unterricht in klassenübergreifenden Gruppen oder, wie es heißt, "für Teile einer Unterrichtsstunde für bestimmte SchülerInnen, Gruppen oder Klassen, Unterrichtsräume und Unterrichtssituationen." Heißt weniger im Beamtendeutsch formuliert: etwa für zeitweilige Gruppenarbeiten, wenn die Kinder die Köpfe zusammenstecken sollen und werden, dürfen dann auch in der Klasse Masken getragen werden.

Antonia Rauth: Was passiert, wenn es in einer Schule einen Verdachtsfall oder auch einen positiven Fall gibt – sperrt gleich die ganze Schule zu?

Lisa Nimmervoll: Nein. Und das ist auch gut so, es wäre aus epidemiologischer Sicht auch nicht sinnvoll. Solche Panikreaktionen helfen nichts und niemandem. Es ist das oberste Ziel der Regierung – und das völlig zurecht – , dass die Schulen nach Möglichkeit – natürlich immer unter pandemischen Notwendigkeiten – offen bleiben. Das große Thema im Herbst und Winter wird natürlich die Frage sein: Was heißt überhaupt "Verdachtsfall"? Nur weil mein Kind in der Früh die Nase verstopft hat? Nein.

Antonia Rauth: Was heißt "Verdachtsfall" also? Wie sollen Eltern denn jetzt mit normalen Infekten umgehen – müssen Kinder mit einem leichten Husten schon daheim bleiben oder gleich einen Corona-Test machen, damit sie in die Schule dürfen?

Lisa Nimmervoll: Das Bildungsministerium schreibt in der Covid-19-Verordnung Folgendes: "Vom Vorliegen eines Verdachtsfalls ist jedenfalls bei einer Körpertemperatur von 37,5 Grad oder mehr UND plötzlichem Verlust des Geruchs- oder Geschmackssinns auszugehen." Also wenn die zwei Aspekte zusammen kommen – erhöhte Temperatur und Veränderungen beim Riechen und Schmecken – heißt es: aufpassen. In früheren Empfehlungen war noch davon die Rede, das Kind "im Zweifelsfall" zu Hause zu lassen, und da wurden auch noch Symptome wie Husten genannt, was bei vielen Eltern zur Befürchtung geführt hat, dass sie ihre Kinder mit einem Schnupfen nicht in die Schule schicken dürfen und wieder das leidige Betreuungsproblem akut wird. Selbst organisierte Corona-Tests sind nicht wirklich sinnvoll oder zu empfehlen quasi als "Eintrittskarte" in die Schule, denn der müsste dann ohnehin erst recht behördlich kontrolliert wiederholt werden. Also am besten mal die Schule anrufen, den Hausarzt oder die Hausärztin und 1450 anrufen, dann wird man ohnehin durch das Prozedere geleitet.

Antonia Rauth: Was passiert bei einem Covid-19-Fall in einer Schule?

Lisa Nimmervoll: Das Gleiche wie bisher: Die Schule muss den Fall bei der Gesundheitsbehörde anzeigen, bis zu deren Entscheidung muss das jeweilige Kind in einem getrennten Raum abgesondert und beaufsichtigt werden. Die Behörde kann dann entweder entscheiden, dass die Eltern das Kind abholen und die ärztliche Abklärung daheim vornehmen lassen können – oder aber es kommt jemand von der Behörde und untersucht das Kind vor Ort in der Schule. Anhand von Kontaktlisten wird dann auch über die Verhängung von Quarantänemaßnahmen für andere SchülerInnen sowie Lehrkräfte entschieden. Bis zur Entscheidung der Gesundheitsbehörde geht der Unterricht weiter – aber erst, nachdem kräftig durchgelüftet und die Hände gewaschen bzw. desinfiziert wurden.

Antonia Rauth: Fühlen sich Eltern und Lehrpersonen eigentlich gut genug auf das Schuljahr mit Corona vorbereitet? Bekommen sie genug Unterstützung?

Lisa Nimmervoll: Verständlicherweise gibt es natürlich einige, die sich nicht gut genug informiert fühlen, andere wiederum finden sich vielleicht gar nicht mehr zurecht in dem Wust an Informationen und Maßnahmen, die es seit Beginn der Pandemie im März gab. Oder aber sie haben schlicht und einfach Angst – gar nicht unbedingt nur auf die Schule bezogen, sondern generell. Sie haben Angst vor dem Coronavirus, vielleicht weil ältere Angehörige im Haushalt leben, jemand aus der Familie zur Risikogruppe gehört und das Lebens insgesamt daher als gefährlicher und gefährdeter empfunden wird.Es gibt jedenfalls in allen Bundesländern Corona-Hotlines der dortigen Bildungsdirektionen und im Bildungsministerium sollte man unter der Nummer 0800 21 65 95 hoffentlich die Auskunft erhalten, die man sucht.

Antonia Rauth: Bleibt das Homeschooling trotzdem weiter erhalten? Gibt es zB weniger Präsenzstunden und dafür mehr Hausaufgaben?

Lisa Nimmervoll: Homeschooling droht – und für viele ist es eine echte Drohung – erst bei Rot. Wenn die Corona-Ampel einmal rot leuchtet, dann haben wir ein echtes Problem, und dann geht es wieder ab nach Hause ins Kinder- oder Jugendzimmer zum Distance Learning, für alle. An den Volksschulen, AHS-Unterstufen, Mittel- und Sonderschulen sowie den Polytechnischen Schulen gibt es aber eine Art Notbetrieb in Kleingruppen und mit sogenannten Lernstationen in der Schule. Auch Ganztagsbetreuung wird so wie im Lockdown im Notbetrieb angeboten.Sollte die Ampel auf Orange geschaltet werden, heißt das dann nur für die Oberstufen Homeschooling – schulautonom soll es aber erlaubt sein, auch hier kleinere Gruppen weiterhin im Präsenzbetrieb in der Schule zu unterrichten, etwa im Schichtbetrieb.Allerdings könnte Homeschooling auch schon bei Gelb anstehen, dann nämlich, wenn einzelne Klassen aufgrund eines Covid-19-Falls geschlossen werden sollten – das gilt aber nur ab der AHS-Unterstufe bzw. Mittelschule, weil sich in der Altersstufe das Betreuungsproblem nicht so akut stellt wie in der Volksschule.

Antonia Rauth: Ist es denkbar, dass es wieder zu einer Schließung aller Schulen so wie im Frühjahr kommt?

Lisa Nimmervoll: Denkbar ist in pandemischen Zeiten vermutlich alles, realistisch ist es aber nicht, und politisch, bildungs- wie sozial- und gesellschaftspolitsch, erwünscht schon gar nicht. Da sind sich alle einig. Das ist auch ein klares Bekenntnis der Regierung: Schulschließungen sind die Ultima ratio, also das letzte Mittel. Da muss die Corona-Lage wirklich schon sehr dramatisch und entglitten sein. Einfach weil die "Kosten" von Schulschließungen – individuell wie gesamtgesellschaftlich einfach viel zu hoch sind. Kinder verlieren zu viel, nicht nur ein paar Wochen Schule im Sinne von Bildungserwerb. Das haben die Lockdown-Wochen gezeigt.

Antonia Rauth: Wie schätzt du das ein – nimmt durch Corona die Unterrichtsqualität ab? Lernen Kinder und Jugendliche in der jetzigen Situation weniger?

Lisa Nimmervoll: Ja, natürlich haben die SchülerInnen beim Homeschooling weniger gelernt als in der Schule. Darum haben wir diese geniale Erfindung namens Schule ja, einen Ort, an dem die Kinder nicht nur mit Bildung und Wissen versorgt werden, sondern sie lernen dort ja viel mehr. Stichwort soziales Lernen etc. Kennen wir ja alle. Schule ist ja viel mehr als Alphabet und Algebra zu lernen.Aber es gibt mittlerweile auch erste Studien, die sehr eindrücklich zeigen, was verloren geht, wenn der reguläre Schulbetrieb nicht mehr funktioniert.In Deutschland hat etwa das Münchner Ifo-Institut eine Studie vorgelegt, die sich angeschaut hat, wie viel Lernzeit den SchülerInnen verloren gegangen ist. Dazu wurden mehr als 1000 Eltern bundesweit befragt. Das Ergebnis: Die durchschnittliche Lernzeit der Kinder hat sich während der ersten Corona-Phase vor den Sommerferien mehr als halbiert von 7,4 auf 3,6 Stunden, die die Kinder mit Arbeitsblättern, Videounterricht oder Hausaufgaben beschäftigt waren. Vor Corona waren die Kinder sechs Stunden in der Schulen und haben eineinhalb Stunden Hausaufgaben gemacht. Im Homeschooling kamen sie dann insgesamt auf nur dreieinhalb Stunden. Drei Viertel der Kinder haben höchstens vier Stunden am Tag gelernt, 38 Prozent höchstens zwei Stunden.Dafür hat die Zeit vor dem Computer, Fernseher oder am Handy zugenommen. Die Kinder haben während der Schulschließungen als deutlich weniger gelernt und in der freien Zeit haben sie sich vor allem digital berieseln lassen. Das sind schon Relationen, die zu denken geben müssen.

Antonia Rauth: Leidet unter Umständen auch die soziale Entwicklung darunter?

Lisa Nimmervoll: Auch dazu möchte ich eine Studie aus Deutschland zitieren. Die Leipziger Klinik für Kinder- und Jugendmedizin hat sich angeschaut, was es mit Kindern und Jugendlichen macht, wenn sie wochenlang zu Hause isoliert sind und dazu 900 Kinder am Beginn und nach dem Ende des Lockdowns befragt. Vor allem Kinder aus sozial benachteiligten Familien haben geschildert, dass sie unter der Isolation leiden. Drei Viertel der Kinder äußerten den Wunsch, dass sie wieder in die Schule gehen wollten. Und sie haben sich Sorgen gemacht – vor allem um ihre Familie, nicht so sehr um sich selbst. Die Schlussfolgerung aus der Studie brachte Klinikdirektor Wieland Kiess so auf den Punkt: "Wenn wir Kindern schaden wollen, dann sind Schulschließungen sehr effektiv." Also sollten wir es mit allen Mitteln verhindern.