Patenterlöse waren laut Exbankmanagerin K. der letzte und einzige Strohhalm, an den man sich klammerte.

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Alle Hoffnung ruhte auf dem Ölbinder. Mit Einnahmen aus Umweltpatenten, darunter einem für einen Erdölbinder, sollte der Schaden aus den Malversationen von Commerzialbank-Chef Martin Pucher und seiner Kollegin K. abgedeckt werden – das hofften zumindest diese beiden. "In den letzten zehn Jahren war das Patent der einzige Strohhalm", erklärte K. den Ermittlern im Juli.

Es hätte freilich eher ein Wunder gebraucht, denn am Ende der Geschichte waren 688 Millionen Euro der Bilanzsumme erfunden, im August krachte das Institut unter einer Überschuldung von 528 Mio. Euro zusammen. Pucher und K. gestehen, vor allem Kreditgeschäft erfunden zu haben, für beide gilt die Unschuldsvermutung.

Rettender Ölbinder

Geplant war laut einem Zeugen, Erfindungen des deutschen Erfinders P. zu verwerten, das Ganze lief über das "Projekt Macom" der Commerzialbank. An der Macom GmbH ist die Bank mit 24 Prozent beteiligt, den Rest halten dem Erfinder Nahestehende. Zunächst ging es laut einem mit dem Projekt betrauten Exbanker um die Verwertung eines zugelassenen Ölbinders, danach um einen CO2-Filter – man kam aber nicht so recht weiter, und zwar nie.

Zum "Macom-System" gehörten noch zwei weitere Gesellschaften mit personeller Nähe zum Erfinder, eine davon sollte die Produkte exklusiv erzeugen. Die Bank sei immer nur Beobachter gewesen, beschreibt es ein Exbanker. Trotzdem war man bei der Suche nach Investoren recht aktiv, immer wieder begab sich ein fürs Projekt abgestellter Banker im Auftrag Puchers in die Vereinigten Arabischen Emirate, um den Projektverlauf zu überprüfen.

Lobbyist brachte nichts

Zudem hätten die Mattersburger einen "Verbindungsmann" für den arabischen Raum beschäftigt, einen deutschen Staatsbürger aus Burkina Faso. Von den "Top-Kontakten" dieses Lobbyisten, der angeblich neun Fremdsprachen beherrschte, habe man sich Investoren erhofft, "im schlimmsten Fall zumindest Top-Kunden für die Bank". Beides war nicht der Fall. Denn: Den vielen Versprechungen der Geschäftspartner seien "nie Taten gefolgt", schilderte ein Banker die Entwicklungen. Nur Pucher habe "bis zuletzt an dem Projekt festgehalten".

So kam es wohl, dass viele, viele Millionen aus der Commerzialbank an die Firmen der Geschäftspartner flossen, sie waren laut Zeugen "Ausfallkunden" mit zusammen rund zwölf Millionen Euro Kreditvolumen. Aus Unterlagen von Beginn dieses Jahres, die für Nachfragen des Wirtschaftsprüfers TPA erstellt worden sein sollen, erschließt sich Näheres. Die Gesellschaft, die Ölbinder und CO2-Filter herstellen hätte sollen, habe Projektentwicklungen stückweise angefangen, aber nie konsequent zu Ende geführt. Zwar hatte die Mattersburger Bank ein Aufgriffsrecht für die Firmenanteile, übte das aber nie aus: Man hoffte, die Gesellschaft werde die Entschuldung durch die Verkaufserlöse des Ölbinders aus eigenem stemmen können. Das war nicht der Fall.

Investoren blieben aus

Gegen die "zeitlichen Verzögerungen und Rückschläge" bei der Marktdurchdringung im arabischen Raum nützten offenbar auch die Studienkollegen des Lobbyisten ("Er ist mit der arabischen Elite stark vernetzt, da er mit dieser Generation in Katar studiert hat", heißt es in dem Papier) nichts. Daran seien Wirtschafts- und Ölkrise schuld gewesen. Aber: Noch heuer setzten die Banker auf rettende Erlöse aus drei "bahnbrechenden Patenten", die der Bank gehörten.

Die Bankchefs aus Mattersburg setzten jahrelang und vergeblich auf Investoren in den Vereinigten Arabischen Emiraten.
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Getestet wurde die Abgasreinigung übrigens nahe Mattersburg. Im Freilager eines Vermieters und Pucher-Bekannten wurden ein Jahr lang Versuche durchgeführt, in Anwesenheit des betagten Erfinders. Versuchsanlage und Material wurden in einer Halle des Unternehmers gelagert, bezahlt habe das alles die Bank, sagte er aus. Warum nicht die Macom GmbH? Er habe die Rechnungen auf die Bank umgeschrieben, das sei ihm heurigen Frühjahr aufgetragen worden, erklärte der Vermieter. Der übrigens auch als Chauffeur diente, wenn der betagte deutsche Erfinder angereist kam, "weil er in der Commerzialbank was zu tun hatte". Da habe er ihn vom Flughafen abholen und wieder zurückbringen müssen, auch das habe die Bank bezahlt, schilderte der Unternehmer. Er hatte Hallen auch an die Bank und den SV Mattersburg (SVM) vermietet.

Zwei alte Tore des SV Mattersburg

Die Ermittler haben sich Hallen und Freilager dann gleich selbst angeschaut. Gefunden haben sie laut ihrem Bericht u. a. offenstehende Banktresore, Plüschtiere und Gläser mit Commerzialbank-Logo auf der Lagerfläche der Bank, Dressen und SVM-Magazine in dessen Lager. Ja, und zwei gebrauchte Fußballtore. Auch die Versuchsanlage war da, gut verpackt.

Die 2018er-Zahlen der von Pucher geführten Macom, an der seine letzte Hoffnung zerschellte: rund 54.000 Euro Verlust und 898,53 Euro Eigenkapital.

Im arabischen Raum suchte die Mattersburger Bank nach Investoren für vermeintlich "bahnbrechende Patente" und Projekte. (Renate Graber, 8.9.2020)