Berühmtes Bild aus dem Ibiza-Video.

Foto: APA/SPIEGEL/SÜDDEUTSCHE ZEITUNG/HARALD SCHNEIDER

Wien – Lange haben die Abgeordneten des Untersuchungsausschusses auf das Ibiza-Video warten müssen. Am Dienstag war es so weit: Die Oberstaatsanwaltschaft Wien hat das Video dem Ausschuss übermittelt, zumindest Teile davon. Das teilten Neos-Fraktionsführerin Stephanie Krisper und ihr SPÖ-Pendant Jan Krainer via Twitter mit. Die Parlamentsdirektion bestätigte das Eintreffen des Videos auf APA-Anfrage.

Kritik an Umfang

Am Dienstagnachmittag sollen die Fraktionen die Möglichkeit erhalten, sich das Bildmaterial anzuschauen, wie Krisper bestätigte. Sie werde allerdings "nicht hineilen", zeigte sie sich wenig optimistisch, dass das Video dieses Mal vollständig vorliege. Laut Krainer enthalte das Video an gewissen Stellen keinen Ton, der Großteil sei geschwärzt. Trotzdem werde er sich das übermittelte Material bald anschauen, kündigte er an. Laut FPÖ-Fraktionsführer Christian Hafenecker habe eine erste Prüfung ergeben, dass "es sich nicht um das gesamte Video, sondern nur um etwa vier Stunden Material handelt".

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Damit gehe der Kampf, das gesamte Video zu erhalten, jedenfalls weiter, sagte Krainer und bezeichnete das Ringen darum als "Affentanz". Krisper hofft weiterhin auf ein Einlenken der zuständigen Minister, nämlich Innenminister Karl Nehammer (ÖVP) oder Justizministerin Alma Zadić (Grüne). Zuletzt wurde der Ball in der Frage der Verantwortlichkeit zwischen den beiden Ministerien hin- und hergespielt.

Kritik an Timing

Weiters stört die Opposition, dass das Video ausgerechnet einen Tag vor der Befragung von Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP) im U-Ausschuss übermittelt wurde. Hafenecker ortet ein ÖVP-Ablenkungsmanöver: "Die ÖVP und das von ihr kontrollierte Innenministerium spielen seit dem Auffinden des Videos im April Katz und Maus mit dem Parlament." Auch für Krisper ist das Timing "besonders auffällig" und "absurd". Krainer sagte ironisch: "Das ist ganz sicher reiner Zufall."

Auch wenn das Timing der Videoübermittlung für Sobotka "äußerst opportun" sei, werde das laut Krisper jedoch keine Auswirkungen auf die Befragung des Vorsitzenden am Mittwoch haben, kündigte die Neos-Fraktionsführerin an. Es bewirke einzig, dass sich die Berichterstattung im Vorfeld wieder nur um das Video drehe, kritisierte sie.

ÖVP-Fraktionsführer Wolfgang Gerstl findet die Kritik der Oppositionsparteien "befremdlich". Er sagte: "Jede an Aufklärung interessierte Fraktion müsste eigentlich zufrieden sein, mehr Informationen für die Ausschussarbeit zu erhalten".

Rückblick

Im Mai 2019 hatten "Süddeutsche Zeitung" und "Spiegel" erstmals Teile des Ibiza-Videos veröffentlicht, das gezeigte Geschehen führte zum Ende der damaligen türkis-blauen Koalition. Seither arbeiteten Ermittler fieberhaft daran, das gesamte Material zu beschaffen. Ende April gelang dies schließlich der Sonderkomission Tape, landläufig als Soko Ibiza bekannt. Seither forderten die Mitglieder des Untersuchungsausschusses die Übermittlung dieses Beweismaterials. (APA, red, 8.9.2020)