Frankfurt – Der AUA-Mutter Lufthansa könnten noch stärkere Kürzungen bevorstehen als gedacht. Wenn der Konzern weiterhin so viel Geld verbrenne wie derzeit, sei die Kassa trotz der neun Milliarden Euro schweren Staatshilfe in einem Jahr leer, berichtete das "Handelsblatt" am Dienstag unter Berufung auf Konzernkreise.

Auf erneute Hilfe der Regierung wolle der Konzern aber unbedingt verzichten. Der Vorstand arbeite an einer neuen Strategie. Nun könnte die Flugzeugflotte deutlich stärker schrumpfen als bisher gedacht – mit Folgen für den Stellenabbau.

Die Lufthansa könnte ihre Flotte wegen der nur langsamen Erholung von der Corona-Pandemie um erheblich mehr als 100 Flugzeuge verkleinern.
Foto: STACHE / AFP

Verkleinerung der Flotte reicht nicht

Dass die zunächst geplante Verkleinerung der Flotte um 100 auf etwa 660 Maschinen möglicherweise nicht ausreicht, hatte Lufthansa-Chef Carsten Spohr bereits Anfang August angekündigt. Seitdem geht er von einer Verringerung um "mindestens" 100 Maschinen aus. Denn der Vorstand erwartet, dass der weltweite Luftverkehr erst 2024 wieder das Niveau aus der Zeit vor der Pandemie erreicht. In der Folge könnte die Zahl der Stellen beim Kabinenpersonal abhängig von der weiteren Entwicklung im Luftverkehr statt um 2.700 um knapp 4.000 sinken, schreibt das "Handelsblatt".

Söder warnt vor Massenarbeitslosigkeit in der Autoindustrie

In der Autobranche sieht es ebenfalls nicht gut aus. Vor dem Autogipfel im Kanzleramt hat Bayerns Ministerpräsident Markus Söder seine Forderung nach einer finanziellen Unterstützung der Autoindustrie über die Förderung von E-Autos hinaus erneuert und vor Massenarbeitslosigkeit in der deutschen Schlüsselindustrie gewarnt. "Wir brauchen für den Übergang von sehr, sehr gut hergestellten Autos, die heute viel besser für das Klima übrigens sind, als die, die jetzt auf der Straße sind, eine Lösung", sagte der CSU-Politiker am Dienstag im ZDF-Morgenmagazin. "Und wir brauchen auch ein Angebot für hunderttausende von Arbeitsplätzen, die in dem klassischen Bereich arbeiten". Sonst drohe "nicht nur Kurzarbeit, sondern irgendwann Massenarbeitslosigkeit".

Bild nicht mehr verfügbar.

Bayerns Ministerpräsident Markus Söder fordert klimafreundlichere Autos, als jene, die aktuell auf der Straße sind.
Foto: Peter Kneffel/dpa

Pessimistisch blicken auch die deutschen Maschinenbauer in die nähere Zukunft. Sie schrauben ihre Erwartungen an das laufende Jahr deutlich herunter. Der Verband Deutscher Maschinen- und Anlagenbau (VDMA) rechnet nun mit einem Rückgang der Produktion um etwa 17 Prozent. Nächstes Jahr wird nur eine allmähliche Erholung erwartet.

Coronakrise hat Arbeit in Deutschland verteuert

Mit den Maßnahmen rund um die Pandemie hat sich der Faktor Arbeit in Deutschland deutlich verteuert. Statistisch gesehen. Die Kosten je geleisteter Arbeitsstunde stiegen nach Berechnungen des Statistischen Bundesamtes um 5,1 Prozent im Vergleich zum Vorjahreszeitraum – und damit so stark wie noch nie zum Vorjahr seit dem Beginn der Erhebung dieser Daten im Jahr 1996.

Den kräftigen Anstieg erklärten die Statistiker am Dienstag mit den Auswirkungen der Coronapandemie: Weil Firmen ihren Betrieb herunterfuhren und Arbeitnehmer in Zwangsurlaub schickten oder Eltern wegen geschlossener Kitas und Schulen Kinder zeitweise zu Hause betreuen mussten, ging die Zahl der geleisteten Arbeitsstunden in den Keller. Das verzerrt in gewisser Weise die Statistik. Dieser Effekt war bereits im ersten Quartal 2020 zu beobachten. Zum Vorquartal erhöhten sich die Arbeitskosten im Zeitraum April bis einschließlich Juni um 1,9 Prozent.

Noch 14 Prozent der Beschäftigten in Kurzarbeit

Die Zahl der Kurzarbeiter ist im August in Deutschland auf 14 Prozent gesunken, nach 17 Prozent im Juli. Das waren im August schätzungsweise 4,6 (Juli: 5,6) Millionen Menschen, teilte das Ifo-Institut am Dienstag auf Basis einer Umfrage mit.

Im industriestarken Süddeutschland gibt es deutschlandweit die meisten Kurzarbeiter. Allein in Bayern waren es im August schätzungsweise 17 Prozent der sozialversicherungspflichtigen Beschäftigten, nach 21 Prozent im Juli.

"In Ländern mit großer Automobil- und Zulieferer-Industrie sowie Metallverarbeitung und Maschinenbau wird weiterhin sehr viel Kurzarbeit gefahren", sagte Ifo-Arbeitsmarkt-Experte Sebastian Link. (red, APA, 8.9.2020)