New York – Die "big three" sind erstmals seit den French Open 2004 im Viertelfinale eines Tennis-Grand-Slams nicht dabei. Nach der Disqualifikation des topgesetzten Novak Djokovic ist Dominic Thiem, der am Montag mit einer starken Leistung in sein zweites US-Open-Viertelfinale eingezogen ist, der am höchsten gehandelte Spieler. Drei Siege trennen den 27-Jährigen von seinem ersten Grand-Slam-Titel

Pressekonferenz.
US Open Tennis Championships

Will der Niederösterreicher aber das neue Siegergesicht im Major-Tennis sein, muss er zunächst am Mittwoch gegen den australischen Jungstar Alex de Minaur (zweite Partie nach 19.00 Uhr Ortszeit, Donnerstag 1.00 Uhr MESZ)) gewinnen. Es wäre der erste von drei Schritten zum Siegerscheck. In dem in der Coronakrise ohne Publikum ausgetragenen Großturnier hat sich Thiem trotz fehlender Stimmung von Runde zu Runde gesteigert. Die Chance auf sein erstes Halbfinale in Flushing Meadows bzw. sein insgesamt sechstes auf Major-Niveau ist jedenfalls groß.

Als dreifacher Grand-Slam-Finalist (French Open 2018 und 2019, Australian Open 2020) verfügt Thiem auch über die meiste Erfahrung. Er ist mit 27 Jahren nach dem Spanier Pablo Carreno Busta sogar schon der zweitälteste Spieler in der Runde der letzten acht.

"Ich habe vorher gerade nach dem Match mit meinem Team geredet, dass es Wahnsinn ist, dass ich der Zweitälteste in einem Viertelfinale eines Grand Slams bin", sagte Thiem. "Das hätte ich mir jetzt nicht erwartet, dass das jetzt schon passiert – bei den US Open 2020."

Die Mischung

Zwar habe das, was Novak Djokovic am Vortag passiert ist, "vielleicht jeder ein bisserl im Hinterkopf, aber es sollte jetzt nichts daran ändern. Ich versuche das einfach völlig auszublenden und mich einfach aufs nächste Match zu konzentrieren" Für ihn zählt es vor allem, die gute Leistung beim Dreisatz-Sieg über Felix Auger-Aliasssime fortzusetzen.

Übersicht
Foto: APA

Gerade das Achtelfinale gegen den sieben Jahre jüngeren Kanadier Auger-Aliassime hat ihm Auftrieb gegeben. Schon ab dem Tiebreak des ersten Satzes sei die Nervosität gewichen. "Das war sehr, sehr gut. Es war das erste Mal eigentlich seit Australien, dass ich richtig zufrieden mit mir war." Er habe wieder die perfekte Mischung gefunden zwischen Offensive und Defensive. "Es war kein Schlag dabei, wo irgendetwas nicht gepasst hat, auch bewegt habe ich mich gut."

Flotter Australier

Gegen den 21-jährigen Alex de Minaur hat Thiem bisher zwei Partien gespielt und beide gewonnen. Doch diese seien vor dem wirklichen Durchbruch des Mannes aus "Down Under" passiert. "Er hat sich besonders in den vergangenen eineinhalb Jahren massiv verbessert." Thiem kennt die Stärke de Minaurs: "Er ist einer der schnellsten Spieler der Tour, und er ist nicht nur schnell, sondern er bewegt sich auch sehr genau." Zudem sei de Minaur "richtig reaktionsschnell beim Return".

Die gefundene gute Mischung aus Defensive und Offensive sei sehr wichtig. "Wenn man zu früh Druck macht, zu früh vorgeht, bestraft er das sofort. Andererseits kann er auch, wenn ich jetzt zu defensiv werde, wenn ich nicht genug mache, sehr druckvoll spielen." Thiem freut sich auf das Match, das möglicherweise nun in der Night Session ausgetragen wird. "Es ist ein Grand-Slam-Viertel, das ist immer was Besonderes und wird sicher ein klasses Match am Mittwoch."

Die Rückhand als Vorhand

Bild nicht mehr verfügbar.

Die Rückhand soll die Vorhand sein.
Foto: AP/Wenig

Zum richtigen Mix gehört auch eine etwas weniger riskante Rückhand. "Das Ziel war, die Rückhand so zu trainieren, dass sie so ist wie die Vorhand. Ich muss nicht dauernd Winner spielen, aber ich muss sie so reinspielen, dass mir der Gegner nichts machen kann, und so lang reinspielen, bis ich auf den Winner gehe oder der Gegner kürzer wird und ich meine Vorhand einsetzen kann." Dies sei das Ziel des Trainings im Sommer gewesen. "Und heute hat es sich das erste Mal so richtig bezahlt gemacht."

Für Thiem geht es am Mittwoch nicht nur um sein sechstes Major-Halbfinale: 800.000 Dollar Preisgeld brutto und vor allem 720 ATP-Zähler kämen auf seine Konten. Im Vergleich zu 2019, als er in New York verkühlt gleich eine Auftaktniederlage kassierte, steht er schon jetzt mit 360 Punkten viel besser da. (APA, red, 8.9.2020)