Zu den erstaunlichen Erkenntnissen der Corona-Krise gehört eine allgemein ästhetische: Seltsam, wie die Abdeckung von Mund und Kinn bei gleichzeitiger Nichtabdeckung der Nase ein Gesicht aus der Balance bringen kann! Auf gut Wienerisch gesagt, einen aus der Maske heraushängenden Pfrnak, der plötzlich seine ganz eigene Prominenz bekommt, können sich eigentlich nur ganz wenige leisten, aussehensmäßig gesprochen.

Auf alle Fälle viel weniger, als so herumrennen. Solche Nasenbären und -bärinnen sind vor allem in öffentlichen Verkehrsmitteln anzutreffen. Den meisten sieht man die Wurschtigkeit, die sie ihrer Mitwelt – und sich selbst – gegenüber empfinden, förmlich an. Aber manche decken ihr Riechorgan, wenn ein Mitmensch den Wunsch danach äußert, unwillig, aber immerhin doch ab.

Es gibt aber auch aggressive Problemnasenbären, jeden Alters und jeden Geschlechts, und nicht nur unter den Passagieren. ÖBB-Schaffner, Mund-Nasen-Schutz gerade noch auf der Oberlippe hängend, reagiert auf eine Reisende, die ihn freundlich darauf aufmerksam macht, dass das Tragen von MNS außer vorgeschrieben vielleicht auch sinnvoll wäre: "Scheißdreck, das Ganze (...), geht Sie gar nichts an (...), die Leut sollten ihr Hirn einschoiten, aber des haben s’ olle obgebn." Reißt sich die Maske vollends vom Gesicht. Dass in diesem Fall eine ästhetische Verbesserung eintrat, darf bezweifelt werden. Denn Hass macht schiach. (Gudrun Harrer, 8.9.2020)