Wolfgang Sobotka (ÖVP) verfügte nicht nur als Präsident des Alois-Mock-Instituts über gute Kontakte zum Glücksspielkonzern Novomatic.

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Das Prinzip ist beispielsweise aus der US-Politik bekannt: Ein Unternehmen unterstützt alle politischen Entscheidungsträger mit Spenden, um Zugang zu ihnen zu haben. Genau das mache der Glücksspielkonzern Novomatic auch in Österreich, erklärte 2017 der damalige FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache auf Ibiza der falschen Oligarchennichte und ihrem Begleiter JH.

Strache: Es gibt ja Leute, die den KURZEN zahlen und auch uns zahlen, die sind dann Doppelclub. (unverständlich) Aber die sind dann wenigstens ehrlich, die sagen: Schau, wir zahlen beide Seiten. Und dann gibt’s noch ein paar Bigplayer, die sagen, wir zahlen allen dreien. Dann sag ich, na schau. Ist wenigstens pragmatisch (...) Novomatic zum Beispiel, Novomatic, Generalbeschluss, wir zahlen drei.

JH : Wir zahlen drei. Jede Partei?

Strache: Alle Parteien mit Einfluss, das ist pragmatisch, das ist pragmatisch, das ist pragmatisch, macht aber auch Sinn.

Schirmherr Kurz

Nach Erscheinen des Videos im Mai 2019 dementierten Strache und Novomatic prompt. Doch seither haben strafrechtliche Ermittlungen und investigative Recherchen ein System der "politischen Landschaftspflege" durch Novomatic offengelegt, das Straches Aussagen unterstützt.

Am Mittwoch will sich der parlamentarische Untersuchungsausschuss nun der Beziehung zwischen ÖVP und Novomatic widmen. Als zentrale Figur hat der U-Ausschuss hier den eigenen Vorsitzenden identifiziert, nämlich Nationalratspräsident Wolfgang Sobotka (ÖVP).

Novomatic finanzierte das von ihm gegründete Alois-Mock-Institut. In den Jahren 2017 bis 2019 inserierte der Konzern um 14.000 Euro im "Mock-Report" des Instituts. Veranstaltungen des Vereins wurden teils im Novomatic Forum in Wien abgehalten. Kanzler Sebastian Kurz wurde in seiner Zeit als Außenminister auf Facebook als Schirmherr des Mock-Instituts präsentiert.

Der Anwalt des Privatklinikenbetreibers Walter Grubmüller behauptete, diesem sei von einem ÖVP-nahen PR-Berater geraten worden, dem Mock-Institut zu spenden, um mehr Erfolg im Lobbying zu haben.

Ein interessanter Besuch

Sobotka verfügte auch abseits des Mock-Instituts über beste Beziehungen zum Glücksspielkonzern. Der einstige Novomatic-Sprecher Bernhard K. war zu Beginn seiner Karriere bei Sobotka tätig; die Großnichte des Novomatic-Gründers Johann Graf und Ehefrau des Aufsichtsratsvorsitzenden Bernd Oswald arbeitete früher in Sobotkas Büro. K. wird am Mittwoch gleich nach Sobotka aussagen, Grafs Großnichte ist im Oktober geladen.

Die Opposition vermutet, dass Sobotka auch bei der Neubestellung des Vorstands der Casinos Austria AG (Casag) mitgemischt hat. So besuchte der ÖVP-Politiker am 13. 3., also in der entscheidenden Phase des Vorstandpokers, Novomatic-Gründer Graf und Aufsichtsratsvorsitzenden Oswald. Der schrieb genau zu dieser Uhrzeit an den Novomatic-CEO Harald Neumann, er brauche dringend Unterlagen zur Casag. Sobotka hat jede Involvierung bestritten, der Besuch bei der Novomatic sei wegen der AK-Wahl erfolgt, hieß es.

Anders ist das bei Öbag-Chef Thomas Schmid, Ex-Finanzminister Hartwig Löger und Casinos-Vorständin Bettina Glatz-Kremsner (alle ÖVP): Sie waren aufgrund ihrer damaligen Funktionen direkt an der Neubestellung des Vorstands beteiligt. Damals, im Frühjahr 2019, mussten sich Republik und Novomatic arrangieren, um gegen den größten Aktionär, die tschechische Sazka, eine Chance zu haben. Die ÖVP war mit der Vorstandsbestellung von Glatz-Kremsner, ihrer einstigen Vizeparteiobfrau, befriedigt; die Sazka schickte den Manager Martin Skopek; die Novomatic pushte den blauen Bezirksrat Peter Sidlo (siehe Kasten rechts).

Zweifel an Sidlos Qualifikation führten zu umfangreichen Ermittlungen und seiner Abberufung, mittlerweile wird gegen mehr als ein dutzend Personen ermittelt – darunter auch Löger. Er und Glatz-Kremsner sollen am Donnerstag aussagen.

Für alle Beschuldigten gilt die Unschuldsvermutung.

Novomatic klagt Krainer

Die Novomatic will sich unterdessen den SPÖ-Fraktionsführer im U-Ausschuss, Kai Jan Krainer, vorknöpfen. Der Glücksspielkonzern klagt den Abgeordneten wegen Kreditschädigung. Krainer bestätigte einen entsprechenden "Österreich"-Bericht. Novomatic stößt sich an der Behauptung Krainers, die Novomatic hätte einen "schmutzigen Deal" mit der ÖVP gehabt, und dass er meint, die ÖVP habe die Casag-Miteigentümerin Novomatic gebraucht, um die Kontrolle im Aufsichtsrat zu behalten. Krainer hält diese Aussage für nicht klagbar und sieht die Sache gelassen. (Fabian Schmid, 9.9.2020)