Dieser Tage dominieren die Verhandlungen um die Übergangsphase die politische Agenda in Mali – begleitet von Demonstrationen.
Foto: MICHELE CATTANI / AFP

Die malischen Putschisten haben sich im Machtkampf mit den Präsidenten der westafrikanischen Staatengemeinschaft Ecowas durchgesetzt. Am Wochenende verließ der am 18. August aus dem Amt geputschte Ex-Präsident Ibrahim Boubacar Keïta seine westafrikanische Heimat mit einem Privatflugzeug in Richtung Vereinigte Arabische Emirate (UAE): Der 75-jährige habe einen leichten Schlaganfall erlitten und werde sich in Abu Dhabi medizinischer Behandlung unterziehen, hieß es.

Sowohl die Ecowas wie auch die Afrikanische Union (AU) hatten bisher gefordert, dass die malischen Coup-Führer Keïta wieder ins Amt setzen. Um ihrer Forderung Druck zu verleihen, hatten sie auch drastische Sanktionen gegen Mali – wie die Schließung der Grenzen und die Unterbrechung sämtlicher Finanztransaktionen – in Kraft gesetzt.

Zivilisten statt Militärs

Inzwischen mussten die afrikanischen Staatschefs jedoch einsehen, dass die geforderte Rückkehr Keïtas unrealistisch ist: Die Enttäuschung der Bevölkerung über den seit sieben Jahren miserabel regierenden Präsidenten war bereits vor dem Putsch dermaßen groß, dass es wöchentlich in der Hauptstadt Bamako zu Großdemonstrationen kam.

Inzwischen hat die Ecowas die harten Sanktionen aufgeweicht und den Druck auf die Offiziere vermindert: Der Staatenbund will nun vor allem erreichen, dass es spätesten nach einem Jahr Neuwahlen gibt und nicht Militärs, sondern Zivilisten die dominante Rolle in der Übergangsregierung spielen. Das von den Militärs eingesetzte Comité National pour le Salut du Peuple (CNSP) strebte zunächst einen dreijährigen Übergang an, scheint sich jetzt aber auch mit zwei Jahren zufriedenzugeben.

Spannungen zwischen der Bewegung und den Coup-Führern

Während die Anhänger der außerparlamentarischen Oppositionsbewegung "Mouvement du 5 Juin – Rassemblement des forces patriotiques" (M5-RFP bzw. Bewegung des 5. Juni – Vereinigung der patriotischen Kräfte) den Putsch zunächst gefeiert hatten, zeichnen sich inzwischen Spannungen zwischen der Bewegung und den Coup-Führern ab. Diese hatten für Samstag zu Versammlungen im ganzen Land aufgerufen, auf denen die Bevölkerung ihre Auffassung über den künftigen Kurs des Unruhestaates äußern konnten. Sie hatten dazu jedoch keine Vertreter der M5-RFP eingeladen.

In der Hauptstadt Bamako kam es daraufhin am Samstag zu heftigen Protesten, bis die Junta schließlich einlenkte und auch der außerparlamentarischen Bewegung einen Platz in den Volksversammlungen einräumte – neben Parteien, zivilgesellschaftlichen Gruppen und Gewerkschaften.

Unterschiedliche Interessen

Ihre Einladung hatten die Militärs nicht aus Versehen vergessen. Unter ihrem Vordenker, dem Imam Mahmoud Dicko, vertritt die außerparlamentarische Opposition in wesentlichen Fragen eine sehr andere Linie als die Militärs. So würde Dicko den nicht enden wollenden Konflikt mit den extremistischen Islamisten lieber mit Verhandlungen als mit Waffen lösen und die rund 14.000 im Land stationierten ausländischen Truppen am liebsten noch heute nach Hause schicken.

Dagegen schließt die Junta einen militärischen Triumph gegen die Extremisten nicht aus – und sieht sich dabei auf der Seite der westlichen Regierungen, die sogar eigene Truppen zum Kampf gegen den Terror nach Mali schickten. Vor allem Frankreich und die USA, zumindest indirekt aber auch Deutschland.

Grundsätzlich wollen die europäischen Staaten an ihrem militärischen Engagement in Mali unverändert festhalten. Der Feldzug gegen die mit Al-Kaida oder dem "Islamischen Staat" verbündeten Extremisten liegt den westlichen Nationen am meisten am Herzen. (Johannes Dieterich, 9.9.2020)