Der Kalauer des in Wien geborenen US-Regisseurs Billy Wilder ist immer noch gut, zumal im laufenden Beethoven-Jahr: "Die Österreicher haben das Kunststück fertiggebracht, aus Beethoven einen Österreicher und aus Hitler einen Deutschen zu machen."

Wenn es um die Karriere der beiden geht, kann man freilich gut darüber streiten, ob an der österreichischen Verdrehung nicht doch etwas dran ist. Hitler verbrachte zwar seine ersten 24 Lebensjahre – von 1889 bis 1913 – in Österreich. Doch zum rechtsradikalen Politiker wurde er erst in Deutschland. Bleibt die Frage, wie prägend die Zeit in Braunau, Linz und Wien für sein weiteres Leben gewesen ist.

Die bis heute wichtigste Studie zu diesem Thema ist Brigitte Hamanns internationaler Bestseller Hitlers Wien (1996), der den Untertitel "Lehrjahre eines Diktators" trägt. Die in Deutschland geborene Historikerin rekonstruierte darin eindrucksvoll die damalige Atmosphäre der Zweimillionenstadt, die von Zuwanderung geprägt war, und wies auf wichtige politische Vorbilder Hitlers hin wie den christlich-sozialen Bürgermeister Karl Lueger oder den deutschnationalen Politiker Georg von Schönerer, die beide Antisemiten waren.

Der frühe Hitler: neue Funde

Von eigenen judenfeindlichen Aktivitäten Hitlers aus seiner Österreich-Zeit war aber bis vor kurzem kaum etwas bekannt. Die Historiker Hannes Leidinger und Christian Rapp haben aber noch einmal neue Recherchen angestellt und präsentieren in ihrem im Frühjahr erschienenen Buch Hitler – prägende Jahre neue konkrete Anhaltspunkte, dass er beispielsweise doch schon 1908 einem Antisemitenbund beigetreten sein könnte.

Das neue Buch von Hannes Leidinger und Christian Rapp bietet neue Einblicke in die österreichischen Jahre des Diktators.

Sie werfen dabei auch neues Licht auf sein Linzer Umfeld, zu dem auch prononcierte Deutschnationale gehörten und in dem sich Hitler als früher Wagnerianer zu erkennen gab. Zudem haben die beiden auch auf Basis der neuen Erkenntnisse die Schau "Der junge Hitler. Prägende Jahre eines Diktators 1889–1914" im Haus der Geschichte in St. Pölten gestaltet, die etliche spannende Objekte aus den österreichischen Jahren Hitlers präsentiert.

Höhepunkt des wissenschaftlichen Begleitprogramms dieser Ausstellung ist ein Workshop, der am 16. September in der Niederösterreichischen Landesbibliothek in St. Pölten stattfindet.

Tagung mit Livestream

Unter dem Titel "Hitler und das Fin de Siècle" werden heimische und ausländische Experten wie Thomas Weber über die österreichischen Jahre Hitlers und die Vor- und Frühgeschichte des Nationalsozialismus in Österreich diskutieren. Aufgrund der Corona-Maßnahmen ist die Teilnehmerzahl auf 50 begrenzt, Anmeldungen unter post.k2veranstaltungen@noel.gv.at. Zudem wird es auch einen Live-Stream auf der Facebook-Seite des Museum Niederösterreich geben. (tasch, 11.9.2020)