Bei "Sprachsalz" dabei: Daniel Kehlmann.

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Leser schätzen die Begegnung mit Autoren, Literaturfestivals ermöglichen sie. Aber wie kann das in Zeiten von Social Distancing und Reisebeschränkungen funktionieren? Die Macher der Sprachsalz-Literaturtage in Hall in Tirol haben sich früh dazu entschlossen, den virtuellen Raum zur Begegnungszone zu erklären: An zwei Festivaltagen (11. und 12. 9.) werden Lesungen und Gespräche live im Internet gestreamt, die Zuseher können sich über moderierte Chats in Diskussionen einbringen.

Der erfordere, so Sprachsalz-Mitbegründerin Magdalena Kauz, hohen technischen Aufwand, birgt aber auch manche Vorteile: Das Programm ist internationaler denn je, auch Autoren, die schon lange auf der Wunschliste stehen, haben für die digitale Ausgabe zugesagt, darunter der New Yorker Beat-Poet Lawrence Ferlinghetti, Annie Proulx und Friederike Mayröcker.

Nachdenken über hybride Formen

Könnte die Liveschaltung in private Wohnzimmer und Schreibstuben auch ein Modell für die Zukunft sein? Man denke durchaus über hybride Formen nach, sagt Kauz.

2020 lässt sich ein kleiner USA-Schwerpunkt ausmachen: Mit Richard Russo, Stewart O’Nan und Ben Lerner lesen gleich drei US-Autoren bei Sprachsalz, die für ihre unterschiedlichen Blicke auf den Mittelstand und die kulturelle Spaltung der USA bekannt sind, während Ocean Vuong in seinem Romandebüt Auf Erden sind wir kurz grandios den US-Traum entlarvt.

Außerdem digital zu Gast sind die japanische Autorin Sayaka Murata, der britische Musiker und Galerist Tot Taylor, dessen fiktive Songwriter-Biografie The Story of John Nightly 2019 auf Deutsch erschienen ist, Daniel Kehlmann oder die Sprachsalz-erprobte A. L. Kennedy. Die Lesungen sind zweisprachig, Schauspieler lesen Übersetzungen. (Ivona Jelčić, 8.9.2020)