Ein Jahr später als geplant war es Anfang September 2020 so weit: Das V-förmige Flugzeug Flying V, ein sogenannter Nurflügler, hat bewiesen, dass es fliegen kann. Die Erleichterung war den Forschern der TU Delft, die das Projekt gemeinsam mit KLM vorantreiben, anzusehen, als das maßstabgetreue Modell des zukunftsweisenden Fliegers auf dem Luftwaffenstützpunkt Faßberg in Deutschland abhob. Es gelang auch, diverse Manöver zu fliegen. Rund fünf Minuten hielt sich das zweimotorige Flugzeug in der Luft. Dann waren die Akkus leer, und es musste landen. Bei der Landung brach zwar das Bugfahrwerk ab. Dennoch verbuchen die Initiatoren den Erstflug als erfolgreich.

KLM Royal Dutch Airlines

Aerodynamische Berechnungen hatten dieses Verhalten vorhergesagt, und nun, da dies in einem realen Flug nachgewiesen wurde, werde das Team in der Lage sein, das Flugzeug entsprechend anzupassen. Eine der Befürchtungen der Wissenschafter war, dass das Flugzeug einige Schwierigkeiten beim Abheben haben könnte. Das Problem sei die Gierschwingung oder Holländische Rolle, laienhaft gesprochen, ein unerwünschtes aerodynamisches Verhalten. Zwar hatten die Konstrukteure versucht, in Simulationen das Modell anzupassen, um dieses Problem zu vermeiden. Aber: Man muss fliegen, um es sicher zu wissen. Tatsächlich traten Gierschwingungen auf, was zu der unruhigen Landung führte.

Der Nurflügler soll in der Standardkonfiguration so viele Passagiere und Gepäck transportieren wie ein Airbus A350.
Foto: AFP/LEX VAN LIESHOUT

Weiters schien der Schwerpunkt der Maschine etwas weiter hinten zu liegen, als im Voraus berechnet worden war. Durch zusätzliches Gewicht in der Nase und die Platzierung des Fahrwerks weiter vorn wurde dieses Problem gelöst.

Stabilität verbessern

Im nächsten Schritt will das Team anhand der während des Fluges gesammelten Daten ein digitales Modell des Flugzeugs erstellen, um anhand dessen die Flugeigenschaften zu verbessern. Zudem soll es damit es möglich sein, für die Weiterentwicklung des Flugzeugs einen Flugsimulator zu nutzen. Zum Beispiel würde der Einbau eines sogenannten Gier-Dämpfers, manchmal auch als Stabilitätsverbesserungssystem bezeichnet, wie einst erfolgreich bei Fokker-Flugzeugen eingeführt, dieses Problem lösen.

Studio OSO

Das Flying-V-Modell ist 2,76 Meter lang und hat eine Spannweite von 3,06 Metern. Das aus Verbundwerkstoffen gebaute Flugzeug wiegt 22,5 Kilogramm. Davon entfallen sechs Kilogramm auf die Lithium-Polymer-Akkus, die den Strom für die beiden Mantelpropeller liefern, die jeweils eine Leistung von vier Kilowatt haben.

In voller Größe kommt das Fluggerät auf eine Länge von 55 Metern bei einer Höhe von 17 Metern und einer Flügelspannweite von 65 Metern. Es soll 314 Passagiere und Fracht von 160 Kubikmetern fassen können. Durch die neue Form, die auf die Idee des Studenten Justus Benad (TU Berlin) zurückgeht, erwarten sich die Ingenieure 20 Prozent weniger Kerosinverbrauch (verglichen mit dem Airbus A350-900). (red, 9.9.2020)