Bilder vergangener Tage: Inszenierung von "Robin Hood" im Theater der Jugend

Foto: Rita Newman

Wien – Auch das Theater der Jugend bereitet sich auf eine außergewöhnliche Saison vor. "Wir hoffen, dass wir unsere Pforten im Oktober öffnen dürfen. Das wird uns die Ampel weisen", sagte Direktor Thomas Birkmeir bei der heutigen Spielplanpräsentation. "Wir gehen allen anderen als einfachen Zeiten entgegen. Die Planungen sind uns mehr oder weniger alle um die Ohren geflogen."

Die derzeitige Ampelstellung auf Gelb bedeute, dass Schulklassen nicht nur mit Maske die Theater betreten, sondern auch während der Vorstellungen und Pausen den Mund-Nasen-Schutz aufbehalten müssten, erläuterte die kaufmännische Leiterin Sonja Fretzer. Immerhin dürften Klassen als Gruppen nebeneinandersitzen. Die dynamischen Sitzpläne reduzieren die maximale Platzanzahl im Renaissancetheater auf 511, im Theater im Zentrum auf 186. Den Einnahmenentgang seit dem Shutdown im März bezifferte sie auf 1,4 Mio. Euro. Man habe nun auch beim NPO-Fonds um Kompensation angesucht. "Wir werden sehr angewiesen sein darauf", sagte Birkmeir. "Wir gehen allen anderen als einfachen Zeiten entgegen."

Wiener Kultur-Gutschein?

Bei durchschnittlich 43 Prozent Eigendeckung und einer Auslastung von durchschnittlich 96,6 Prozent in den vergangenen drei Jahren sei angesichts der neuen Situation "völlig klar, dass dieses Haus in Schieflage kommen wird. Wie wir damit umgehen, wissen wir noch nicht genau." Wiewohl er sehr hoffe, dass man die Kulturlandschaft "nicht vollends verwüsten" lassen werde, "wird die Frage sein: Welches Haus kracht als erstes?" Birkmeir regte die Schaffung eines nach dem Vorbild des Gastro-Gutscheins ebenfalls mit insgesamt 40 Mio. Euro dotierten Wiener Kultur-Gutscheins an: "Ein Kalbschnitzel ist ein Wohlgenuss für einen Tag, Kultur womöglich für ein ganzes Leben."

Auch in Zeiten der von Theater der Jugend in Anspruch genommenen Kurzarbeit habe man "fleißig gearbeitet", virtuelle Bühnenführungen angeboten und sich mit über 50 kleinen Filmen "in die Kinder- und Jugendzimmer geschlichen". Dort sei die Situation allerdings alarmierend, die UNICEF weise darauf hin, dass die Kinder und Jugendlichen die unsichtbaren Opfer der Covid-Krise seien. Bildungsdefizite, Gewalt in der Familie und Vereinsamung hätten zugenommen, zitierte der Direktor einschlägige Untersuchungen.

Mit dem neuen "ABOflexibel", dessen Verkauf unerwartet gut laufe, reagiere man auf die notwendig gewordene erhöhte Planungsflexibilität, wie sich die Unsicherheit aber insgesamt bei den Abonnenten niederschlage (mit 68.000 Abos sei man "das größte Abonnenten-Haus Europas"), könne man noch nicht beurteilen: "Der Abo-Verkauf an den Schulen hat gerade erst begonnen."

Mehr Frauen für 2021

"Unsere Produktionen werden um die Themen Reise und Isolation kreisen", also um das, was man derzeit erlebe und was man stattdessen gerne erleben wollte, erklärte Birkmeir. Drei der angekündigten acht Neuproduktionen sind Projekte, die in der Vorsaison nicht mehr auf die Bühne kamen. Dass zu den dabei fünf ausgewiesenen Uraufführungen auch Frank Wedekinds "Frühlings Erwachen" gezählt wird, erklärte der "eigentlich sehr werktreue" Regisseur Birkmeir so: "Wir haben das Stück sehr, sehr abgeklopft auf die heutige Zeit. Dabei ist kein Wort auf dem anderen geblieben."

Eröffnet wird die Saison mit "Das große Shakespeare-Abenteuer" in der Regie des ehemaligen Assistenten Felix Metzner am 13. Oktober im Renaissancetheater. Dass bis Saisonende weder ein Stück einer Autorin auf dem Spielplan steht noch eine Regisseurin inszeniert "ist uns passiert", sagte der Direktor auf Nachfrage. Mehrere Projekte hätten sich, u.a. durch die coronabedingten Verschiebungen, zerschlagen, für die nächste Saison sei man aber mit drei Regisseurinnen im Gespräch. Gendergerechtigkeit sei dem Theater der Jugend "natürlich sehr wichtig". (APA, 9.9.2020)