Olaf Scholz hatte zur Warburg-Bank wenig zu sagen.

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Viel gesehen hat Olaf Scholz (SPD) sein Finanzministerium am Mittwoch nicht. Er verbrachte fast den ganzen Tag im Deutschen Bundestag – und das nicht ganz freiwillig. Gleich drei Mal, zweimal im Plenum und einmal im Finanzausschuss, musste sich Scholz den Fragen der Opposition stellen.

Sie waren zum Teil recht bohrend und für Scholz nicht angenehm. Denn die Opposition beleuchtet jene Cum-Ex-Affäre, die für den Kanzlerkandidaten Scholz – ebenso wie die Causa Wirecard – noch sehr belastend werden könnte.

Es geht um Cum-Ex-Geschäfte der Hamburger Privatbank Warburg. 2016, als Scholz noch Bürgermeister der Hansestadt war, verzichtete die Hamburger Finanzbehörde auf die Rückforderung von 47 Millionen Euro, die sich die Bank durch Cum-Ex-Geschäfte verschafft hatte. Dabei wird die Kapitalertragsteuer für Dividenden, die nur einmal entrichtet worden ist, mehrfach vom Finanzamt erstattet.

Vor dem Verzicht des Finanzamtes hatte sich Warburg-Chef Christian Olearius mit Scholz getroffen. Ja, es habe 2017 ein Treffen gegeben – so hat es Scholz bisher im Bundestag dargestellt und gleichzeitig Einflussnahme der Bank auf die Politik zurückgewiesen.

Tagebucheinträge

Doch vor kurzem flog durch Recherchen von ARD, der Zeit und der Süddeutschen Zeitung auf, dass Scholz und Olearius nicht ein-, sondern dreimal zusammensaßen. Die Medien beriefen sich dabei auf Tagebucheinträge des Bankers.

Grüne und Linke werfen Scholz nun vor, den Bundestag belogen zu haben, was der Minister zurückweist. Am Mittwoch räumte er aber ein, sich tatsächlich mehrmals mit Olearius getroffen zu haben. Allerdings sei alles ganz harmlos gewesen.

Er habe "tausende Gespräche als Bürgermeister" geführt, "man trifft sich mit vielen, die in der Wirtschaft Interessen haben", betonte er. Da könne er sich natürlich nicht mehr an alle erinnern. Und er sagte auch: "Es hat keine politische Einflussnahme gegeben. Da bin ich mir sehr, sehr sicher."

"Diese Erinnerungslücken sind für einen Kanzlerkandidaten bemerkenswert", meint der FDP-Finanzexperte Christian Dürr. Während der Befragung erwähnte die Opposition auch immer wieder, dass die SPD Hamburg von der Warburg-Bank Spenden bekommen hat.

Der Fall dürfte Scholz auf dem Weg Richtung Kanzleramt begleiten, genau wie die Betrügereien und die Pleite des Ex-Dax-Konzerns Wirecard. Warum die gefälschten Bilanzen des ehemals von Österreichern geführten Zahlungsabwicklers nicht früher auffielen, beleuchtet im Wahljahr ein U-Ausschuss. (Birgit Baumann aus Berlin, 9.9.2020)