Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer, stößt bei der Gewerkschaft mit seiner Forderung auf Ablehnung.

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Wien – Trotz oder wegen Corona-bedingt höherer Arbeitslosigkeit nimmt die Diskussion über Mobilität bei der Vermittlung Jobsuchender wieder Fahrt auf. Harald Mahrer, Präsident der Wirtschaftskammer (WKO), sprach sich am Mittwoch für eine bessere überregionale Vermittlung von Arbeitslosen aus. Dezidiert sprach er dabei die Spielregeln bei der Zumutbarkeit betreffend der Entfernung des Wohnorts vom potenziellen Arbeitsplatz an. "Da geht mehr beim Pendeln und beim Übersiedeln", erklärte Mahrer.

Von der Gewerkschaft kam prompt Ablehnung. Eine Änderung der Zumutbarkeit bedeute eine Verschärfung für die Situation der Arbeitslosen. In einer Situation, in der sechs Jobsuchende auf eine offene Stelle kämen, sei der Vorstoß der Wirtschaftskammer der falsche Ansatz, weil der Druck auf die Betroffenen erhöht werde. Vielmehr fordert der ÖGB Maßnahmen, die neue Jobs entstehen lassen, wie es aus dem Gewerkschaftsbund hieß.

Alter Streit

Die Zumutbarkeit bei der Annahme von Jobs ist ein alter Streitpunkt. Die ÖVP drängt schon lange auf eine Verschärfung und argumentierte bis zum Ausbruch der Corona-Krise damit, dass im Westen viele Fachkräfte gesucht würden, während diese im Osten des Landes arbeitslos gemeldet seien. Ein populäres Beispiel dafür sind Köche.

Derzeit kann ein Arbeitsloser eine Stellenbesetzung ablehnen, wenn sie mit mehr als zwei Stunden Fahrt zur Arbeit und zurück verbunden ist. Bei Teilzeit liegt die Schwelle bei 1,5 Stunden. Bei einem Wohnortswechsel muss der Arbeitgeber eine Unterkunft zur Verfügung stellen. In der Praxis führen die Bestimmung zu einer geringen Mobilität in Österreich. Allerdings verweisen Experten regelmäßig darauf, dass mehr Zwang bei der Jobvermittlung keine guten Lösungen bringe.

Sinkende Auszahlung verlangt

Weitere Stellschrauben, die eine Verfestigung der Arbeitslosigkeit verhindern, sind laut Mahrer ein degressives Arbeitslosengeld und eine Senkung der Lohnnebenkosten.

Kategorische Ablehnung gibt es für die langjährige Gewerkschaftsforderung nach Arbeitszeitverkürzung. "Das Ziel muss sein, den Kuchen größer zu machen und nicht das Gegenteil zu tun", sagte Mahrer. Auch dem widersprach die Gewerkschaft: "Für die Bewältigung der Arbeitsmarktkrise braucht es neue, mutige Wege, nicht Starrsinn", meinte GPA-Chefin Barbara Teiber.

Am kommenden Dienstag treffen sich die Sozialpartner und die Regierung zu einem Arbeitsmarktgipfel. Eingeladen haben die Arbeiterkammer und die Gewerkschaft. WKO-Chef Mahrer will bei dem Treffen "fair, offen und tabulos diskutieren". (red, 9.9.2020)