Wirecard wird nach der Insolvenz filetiert. Interessenten für einige Töchter gibt es bereits.

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Während die strafrechtliche Aufarbeitung im Fall Wirecard noch lange dauern wird, schreitet die Verwertung der Firmen voran. Denn für Teile des insolventen Zahlungsabwicklers gibt es etliche Interessenten. Zahlreiche Investoren streckten ihre Fühler nach den Wirecard-Töchtern in Rumänien, Indonesien und Vietnam aus, teilte der deutsche Insolvenzverwalter Michael Jaffé mit. So gebe es bereits mehrere indikative Angebote für die PT Wirecard Technologies Indonesia, die PT Prima Vista Solusi in Jakarta und Indonesien sowie Wirecard Vietnam. Die Verkaufsprozesse für weitere asiatische Töchter sollen in Kürze beginnen.

Ö-Tochter vor Verkauf

Im Zuge der Wirecard-Insolvenz rutschte auch die Österreich-Tochter in die Pleite. Auch für diese Niederlassung soll es drei ernsthafte Interessenten in der engeren Wahl geben. Das berichtete der Kurier. "Der Verkaufsprozess ist derzeit in einer intensiven Phase, und ich rechne damit, dass ich Anfang nächster Woche mit insolvenzgerichtlicher Genehmigung verkaufen kann", zitiert die Zeitung Ulla Reisch, die Insolvenzverwalterin für die in Graz angesiedelte Wirecard Central Eastern Europe GmbH. "Wir verkaufen auch die Technologie." Die Payment-Plattform ist das wesentliche Asset der Österreich-Tochter, über diese werden die Zahlungen der Kunden abgewickelt. Die verbliebenen 22 Mitarbeiter dürften vom Käufer übernommen werden.

Zahlungsabwickler stehen bei Investoren derzeit hoch im Kurs. Der niederländische Zahlungsdienstleister Mollie hat gerade 90 Millionen Euro von internationalen Geldgebern erhalten. Einer davon ist laut dem Handelsblatt der US-Risikokapitalgeber TCV, der auch in Airbnb, Netflix oder Facebook investiert hat. Auch der schwedische Zahlungsdienstleister Klarna will sich bei einer neuen Finanzierungsrunde rund 500 Millionen Dollar bei bestehenden und neuen Investoren holen. Die Bewertung von Klarna solle sich dabei auf mehr als zehn Milliarden Dollar fast verdoppeln.

Neuer Schwung

Die Zeiten, in denen der Zahlungsverkehr als langweiliges Geschäft angesehen wurde, scheinen vorbei. In den vergangenen Jahren hat das Onlineshopping einen wahren Boom im Bereich der Zahlungsabwicklung ausgelöst. Die Dienstleister sind die Schnittstelle zwischen Kunden, Shop und Bank.

Mittlerweile haben auch Banken erkannt, dass damit Geld zu verdienen ist. Laut Handelsblatt vertreibt die Deutsche Bank seit März Zahlungsgeräte für die Ladenkasse. Auch für den E-Commerce will das deutsche Geldhaus Lösungen anbieten. Die DZ-Bank, die bereits im Bereich Zahlungsabwicklung aktiv ist, will den Bereich weiter ausbauen.

Große Händler wie etwa Otto-Versand basteln derweil an einer eigenen Lösung, um die Zahlungsfunktionen hausintern abwickeln zu können. (bpf, 10.9.2020)