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Foto: AP Photo/Alex Brandon

Lange hatte US-Präsident Donald Trump zwischen Jänner und April das neuartige Coronavirus mit der Grippe verglichen. Bei Wahlveranstaltungen nannte er Warnungen der Demokraten vor den Gefahren noch im Februar einen "neuen Schwindel"; Anfang März sagte er, das Virus werde mit dem Sommer wieder von selbst verschwinden. Und lange weigerte er sich, in der Öffentlichkeit eine Maske zu tragen. Am Mittwoch wurde klar: Der Präsident hat die Bevölkerung bewusst unvollständig über die Gefahren durch Covid-19 informiert.

Das geht aus Tonaufzeichnungen hervor, die US-Starjournalist Bob Woodward bei mehreren Gesprächen mit dem US-Präsidenten angefertigt hat, und die als eine Recherchegrundlage für sein neues Buch "Rage" dienen sollten. Darauf ist unter anderem zu hören, dass Trump das Virus schon am 7. Februar als "tödliches Zeug" bezeichnet hatte, das "fünfmal tödlicher" als die Grippe sei. Sein Nationaler Sicherheitsberater Robert O‘Brien hatte ihn gar schon Ende Jänner darüber informiert, dass die Krankheit Covid-19 zur "größten Gefahr für die Nationale Sicherheit in Ihrer Präsidentschaft" werden würde.

Und dann, mehr als ein Monat später, folgt jener Satz, der nun im Wahlkampf zu Dynamit werden könnte: "Ich wollte es immer herunterspielen, und ich will es immer noch herunterspielen, um keine Panik zu schaffen", sagt der Präsident da. Die Aufzeichnung präsentierten mehrere US-Medien am Mittwochabend auch online.

Kritik der Demokraten

Die US-Demokraten reagierten eilig auf die Enthüllungen. Trumps Präsidentschaftskonkurrent Joe Biden sagte, Trump habe "einen Betrug rund um Leben und Tod der US-Bürger" begangen und "seine Pflicht bewusst verletzt". Der Präsident habe "absichtlich und bewusst monatelang gelogen". Dieses Vorgehen sei "schlimmer als verachtenswert, eine völlige Verletzung seiner Pflichten", so Biden in Michigan.

Die Sprecherin des Repräsentantenhauses Nancy Pelosi etwa warf Trump ebenfalls vor, die Unwahrheit gesagt zu haben. Viele Menschen in den USA hätten die Gefahr des Virus, das mittlerweile fast 200.000 Bürgerinnen und Bürgern das Leben gekostet hat, nicht ernst genommen. Auch habe Trump keine ausreichenden Vorkehrungen getroffen.

"Der Präsident war immer ehrlich mit den amerikanischen Bürgerinnen und Bürgern", sagte hingegen Trumps Sprecherin Kayleigh McEnany. Trump habe die Gefahr auch "nicht heruntergespielt".

Zum Problem für Trump könnten indes auch andere Zitate werden. Seuchenexperte Anthony Fauci etwa attestiert dem Präsidenten "eine Aufmerksamkeitsspanne im negativen Bereich". Es gehe ihm nur um die Wiederwahl. Der US-Präsident soll Woodward außerdem die Existenz eines bisher streng geheimen US-Waffensystems verraten haben.

Magische Erinnerungen mit Kim Jong-un und anderen Diktatoren

Im Buch ebenfalls nachzulesen sind Briefe, die Nordkoreas Machthaber Kim Jong-un Trump übermittelt hatte. Sie zeigen das Ausmaß an Schmeichelei, mit dem das nordkoreanische Regime den US-Präsidenten für die eigenen Ziele zu gewinnen versuchte. Kim bezeichnete die Treffen mit Trump unter anderem als "wertvolle Erinnerungen", die "tiefe und spezielle Freundschaft zwischen uns wird als magische Kraft wirken". Zudem habe er die Zusammenkünfte "zwischen Ihrer Exzellenz und mir" als Szenen "wie in einem Fantasy-Film" empfunden. Trump wiederum verglich Kims Atomwaffen mit einem Immobilienprojekt. Die Waffen seien "wie ein Haus, das man einfach mag und nicht verkaufen kann". Insgesamt stellt Trump über seine Affinität zu autoritären Herrschern wie Kim, dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdoğan und oder Russlands Staatschef Wladimir Putin fest: "Je härter und bösartiger sind, desto besser komme ich mit ihnen zurecht. Das muss man mir eines Tages erklären!"

Dessen ungeachtet gab es Mittwoch positive Nachrichten für Trump. Er wurde vom Mandatar einer norwegischen Rechtspartei für den Friedensnobelpreis nominiert. (mesc, 9.9.2020)