Nicht trotz sondern wegen Corona findet das Ars Electronica Festival heuer statt, in der Pandemie engagieren sich viele Menschen freiwillig – auch dank sozialer Innovationen, die das trotz "physical distancing" ermöglichen. Diese und wie die große Hilfsbereitschaft weiterhin sinnvoll genutzt werden kann, untersucht das Unabhängige Landesfreiwilligenzentrum (ULF) in einem Symposium am Samstag.

In "Die Zivilgesellschaft der Zukunft – von der Akuthilfe in der Krise zur Triebfeder sozialer Innovation" möchte ULF-Leiterin Nicole Sonnleitner die Nachbarschaftsinitiativen, die in der Coronazeit entstanden sind "in normale Zeiten mitnehmen". Die Themen seien solche, die schon immer da waren, aber nun ins Licht gerückt wurden, wie soziale Isolation und Ungleichheit bei der Bildung. Es gelte, das Engagement zu nutzen und zukunftsfähig zu machen. Das Symposion sieht Sonnleitner im APA-Gespräch als Startschuss, um Rahmenbedingungen dafür zu schaffen. Dass ihr Anliegen zieht, zeigt das hochkarätig besetzte Eröffnungspodium mit Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne), Soziallandesrätin Birgit Gerstorfer (SPÖ), dem Linzer JKU-Rektor Meinhard Lukas und Ars-Electronica-Direktor Gerfried Stocker.

"Viel möglich"

Es folgen Vorträge u.a. von Marktforscher Bernhard Heinzelmaier über Werte und Einstellungen nach der Coronakrise und Johannes Guger vom Roten Kreuz über die Auswirkungen der Krise auf die Freiwilligkeit; Eva Fleischer, Professorin am Studiengang Soziale Arbeit in Innsbruck, spricht über die Rolle von älteren Menschen in der Zivilgesellschaft in Zeiten der Krise. Die Pandemie zeige einen ambivalenten Umgang mit Älteren auf, formulierte sie in einem Statement. Einerseits seien alle ab 65 zur Risikogruppe erklärt worden, andererseits kommt die Hälfte der pflegenden Angehörigen aus der Altersgruppe und diese wurden durch den Wegfall von entlastenden Strukturen und fehlender Schutzausrüstung sogar hohen gesundheitlichen Belastungen ausgesetzt.

"Es ist viel möglich, wenn man sich darauf einlässt und einen Rahmen schafft ", nahm das ULF-Team mit aus der Lockdownphase. Neben der youtoo-App habe sich ein Leitfaden für Gespräche gegen die Einsamkeit, der gemeinsam mit der Telefonseelsorge entwickelt wurde, sehr bewährt, weil er vielen Unsicheren einen Einstieg lieferte. Über die App können sich Personen melden, die sich engagieren wollen. Sie werden dann über Einsatzmöglichkeiten informiert.

Service Learning

Ab Wintersemester startet die Kooperation "Service Learning" mit der JKU. In der Pilotphase wird es eine Lehrveranstaltung für 60 Personen geben, in der das ULF theoretischen Input liefert und die Studierenden über freiwilliges Engagement ECTS-Punkte sammeln können. "Das sind Freiwillige, zu denen wir sonst nie gekommen wären." Ein ähnliches Projekt funktioniere seit 2015 mit der Pädagogischen Hochschule der Diözese Linz sehr gut.

Das ULF gibt es seit zwölf Jahren in Oberösterreich. "Wir haben zu zweit begonnen, jetzt sind zehn Personen im Team", sagte Sonnleitner. Der Fokus liegt auf dem klassischen sozialen freiwilligen Engagement. "Unser Hauptjob ist das Motivieren. Obwohl ich es schon zwölf Jahre mache, taugt es mir immer noch, weil man wirklich viel bewegen kann", sprüht Sonnleitner vor Tatkraft. Das Symposion ist für sie eine große Chance Expertise zu zeigen, denn obwohl es rund 550 Einsatzstellen in Oberösterreich und zahlreiche Kooperationen, etwa mit dem Roten Kreuz und dem Hilfswerk gibt, sei das ULF noch nicht allen bekannt. Finanziert wird das ULF zum Großteil über das Sozialressort des Landes, das Sozialministerium unterstützt punktuell, dazu kommen Kleinförderungen über Projekte. (APA, 10.09.2020)