Zu Beginn der Corona-Pandemie wurde das Lernen von den Schulen nach Hause verlagert.

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Wien – Wegen der Corona-Pandemie waren in Österreich die Schulen neun bzw. elf Wochen (Oberstufen) geschlossen, das Lernen wurde nach Hause verlagert. Schüler, die daheim wenig bis gar keine Lernunterstützung bekommen, wurden durch die Umstellung auf Fernunterricht weiter abgehängt, zeigt eine Studie des Instituts für Höhere Studien (IHS) unter 4.000 Lehrern, die am Donnerstag präsentiert wurde. Bereits im Mai hatte das Institut unter Lehrern eine Studie durchgeführt. DER STANDARD berichtete.

Bildungserfolg hänge zu einem guten Teil vom Elternhaus ab, und die coronabedingte "Privatisierung" der Lernleistung habe die soziale Ungleichheit weiter verstärkt, lautete der Befund von IHS-Forscher Mario Steiner bei einer Online-Vortragsreihe des Wiener Wissenschafts-, Forschungs- und Technologiefonds. Wie gut Schüler über den Fernunterricht erreicht werden konnten und wie gut sie damit zurechtkamen, war den Befragungsergebnissen zufolge zu einem Gutteil von ihrem sozialen Hintergrund abhängig. Die Definition von "Benachteiligung" basierte dabei auf einer Einschätzung der Lehrer über die Unterstützung und Förderung durch die Eltern, die materiellen Verhältnisse, die technische Ausstattung zu Hause und die privaten Wohnverhältnisse ihrer Schüler.

Corona-Krise im Bildungsbereich sichtbar

Zwar befürchteten die Lehrer bei allen Schülern Kompetenzverluste durch das Homeschooling, bei jenen mit geringem sozioökonomischem Status war das allerdings noch deutlich häufiger der Fall: Die Pädagogen machten sich bei drei Vierteln der benachteiligten Schüler Sorgen, dass sich deren Kompetenzniveau durch das Homeschooling verschlechtert, und bei mehr als zwei Dritteln, dass sie den Jahresstoff nicht schaffen. Über alle Schüler hinweg gab es diese Befürchtung nur bei 38 bzw. 26 Prozent.

Auch bei den Lernvoraussetzungen gab es nach Angaben der Lehrer große Unterschiede: Während bundesweit etwa jeder achte Schüler kaum oder nicht erreichbar war, war es unter den benachteiligten Schülern mehr als jeder dritte. Laut der Studie waren außerdem 80 Prozent der benachteiligten Schüler und 87 Prozent der betreffenden Eltern mit dem Lernen daheim überfordert (unter allen Schülern und Eltern: 33 bzw. 61 Prozent). Bei Fragen wandte sich nur etwas mehr als ein Drittel der benachteiligten Schüler an ihre Pädagogen (über alle Schüler hinweg waren es 95 Prozent). In der Folge gelang es nicht einmal jedem fünften benachteiligten Schüler, Aufgaben selbstständig zu erledigen und Arbeitsaufträge vollständig und fristgerecht abzuliefern. Über alle Schüler hinweg schafften das jeweils über 80 Prozent.

Steiner warnte, dass die nochmals deutliche Zunahme der in Österreich ohnehin schon großen sozialen Unterschiede infolge der Corona-Krise sich auch auf die Bildungs- und Berufslaufbahnen benachteiligter Schüler auswirken könnte. Es fehle zwar im Bildungsbereich der unmittelbar sichtbare Schaden, Langzeitfolgen wie Bildungsabbrüche oder geringere Karrierechancen "können jedoch Dimensionen erlangen, die volkswirtschaftlich enorm bedeutsam sind". (APA, 10.9.2020)