Möglicherweise können Masken die Schwere von Covid-19-Erkrankungen reduzieren.

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Wer Maske trägt und mit Sars-CoV-2 infiziert ist, schleudert weniger Tröpfchen in die Umgebung und schützt so sein Umfeld vor einer Ansteckung. Der Mund-Nasen-Schutz könnte aber auch in die andere Richtung wirken, also dafür sorgen, dass kein oder weniger Virusmaterial aus der Umgebung über Mund und Nase in den Körper eindringt. Auf dieser Annahme beruht ein aktueller Kommentar von Forschenden aus den USA, der im "New England Journal of Medicine" veröffentlicht wurde.

Die Wissenschafter vermuten, dass durch das Tragen von Masken eine Übertragung des Virus nicht komplett ausgeschlossen ist, da ein Teil der Atemtröpfchen und Aerosole immer noch über die Ränder sowie durch das Material der Maske in den Körper gelangen kann. Allerdings, so ihre Hypothese, könnte die Menge der Viruspartikeln so gering sein, dass es nicht zu einer schweren Erkrankung kommt, sondern nur eine schwache, womöglich asymptomatische Infektion ausgelöst wird. Auf genau diesem Wege könnte das Tragen von Masken die Immunisierung der Bevölkerung unterstützen, so die Schlussfolgerung der Wissenschafter.

So sei vielerorts nach Einführung einer Maskenpflicht eine Zunahme leichter und asymptomatischer Infektionen beobachtet werden, so die Forschenden. Ihre Theorie bleibt unter Kollegen allerdings nicht unbestritten. So erklärt etwa Julian Schulze zur Wiesch, Infektiologe am Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf: "Es kann viele Gründe geben, die dazu führen können, dass mehr Patienten einen leichten oder asymptomatischen Verlauf haben", sagt er und nennt vermehrtes Testen als Beispiel, sowie den gesunkenen Altersschnitt bei den Infizierten.

Fehlende Daten

Daten, die die Annahmen der US-Wissenschafter bestätigen, gibt es freilich nicht. Das sagt auch Melanie Brinkmann, Virologin am Helmholtz-Zentrum für Infektionsforschung in Braunschweig. Auch wenn sie den Artikel in vielen Punkten für plausibel hält, ist sie skeptisch, "denn er basiert auf zwei Annahmen die wissenschaftlich für Sars-CoV-2 noch nicht belegt sind". Mann wisse erstens noch nicht, ob eine geringere Dosis an Virus tatsächlich weniger starke Symptome auslöst, und zweitens, ob nach milden oder asymptomatischen Infektionen wirklich ein langlebiger Immunschutz besteht.

Eine erste Überprüfung der Hypothese hat Schulze zur Wiesch angestellt und berichtet von seinem eigenen Arbeitsplatz: Am Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf habe es nach Einführung der Maskenpflicht nur wenige Ansteckungen des Personals gegeben. Die Zahl der positiven Antikörpertest sei daraufhin aber nicht gestiegen. "Dies würde tendenziell gegen eine größere Anzahl von leisen beziehungsweise asymptomatischen Infektionen nach Maskengebrauch sprechen", so der Infektiologe. Dass Maskenträger vor Übertragungen geschützt oder mit geringeren Virusmengen infiziert werden, nennt auch er eine "interessante, aber hochspekulative und unbewiesene Hypothese".

Letztlich heißt es auch von den Autoren des Kommentars, dass die möglichen Effekte des Maskentragens noch experimentell überprüft werden müssen. (Bernadette Redl, 11.9.2020)