Der 157. Tag im Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser.

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Wien – Am 157. Tag im Strafprozess gegen Ex-Finanzminister Karl-Heinz Grasser und weitere Angeklagte rund um den Korruptionsverdacht bei der Bundeswohnungsprivatisierung (Buwog u. a.) und dem Linzer Bürohaus Terminal Tower standen wieder Verlesungen aus dem Akt auf dem Programm. Dazu mussten zwölf Angeklagte und ihre Anwälte im Großen Schwurgerichtssaal des Wiener Straflandesgerichts erscheinen.

Grasser um Effizienz bemüht

Der Erstangeklagte Grasser versuchte, den langwierigen Prozess der Verlesung aus dem sehr umfangreichen Akt zu beschleunigen: "Wenn dem hohen Senat eine zeiteffiziente Weise für die Verlesungen einfällt, wir sind offen", sagte er. Richterin Marion Hohenecker lehnte ab: An einem zusammengefassten Vortrag aus dem Akt laut Strafprozessordnung werde man nichts ändern können. Das sei auch notwendig, denn was in der Begründung des Urteils vorkomme, müsse auch in der Hauptverhandlung vorkommen.

Zuvor hatte sich einer der Angeklagten zur Linzer Causa um eine Zahlung von 200.000 Euro an Peter Hochegger und Walter Meischberger gemeldet, die laut Anklage eine Bestechungszahlung war, damit der damalige Finanzminister Grasser sein Okay zur Einmietung der Finanzbehörden in das Bürohaus Terminal Tower gibt. Alle betreffenden Angeklagten bestreiten dies. Der Angeklagte legte Berechnungen vor um zu beweisen, dass er geholfen habe, das Projekt günstiger zu machen, die Zahlung sei eine Abgeltung dafür gewesen.

Weiterer Fahrplan

Richterin Hohenecker skizzierte den weiteren Prozessfahrplan. Nächste Woche ist keine Verhandlung, am 22. September soll dann per Videokonferenz in die Schweiz ein Zeuge befragt werden, den der Verteidiger des Schweizer Vermögensverwalters Norbert Wicki beantragt hatte. Anschließend kommt noch ein Zeuge zum Faktum Waldaugasse, also dem Betrugsvorwurf gegen Walter Meischberger im Zusammenhang mit dem Verkauf seiner Villa in Döbling. Und schließlich gebe es die Möglichkeit einer zweiten Fragerunde an alle Angeklagten.

Am 23. und 24. September stehen dann wieder Verlesungen aus dem Gerichtsakt auf dem Programm, dafür müssen wieder alle Angeklagten anwesend sein. Am 29. September wird eine Zeugeneinvernahme zum Anklagefaktum Telekom-Valora nachgeholt, der Zeuge hatte sich entschuldigt und wird nun erneut geladen. Anschließend geht es am 30. September und 1. Oktober mit Verlesungen aus dem Akt weiter. "Wenn wir früher fertig sind mit Verlesungen, gehen wir weiter wie in einem ganz normalen Strafverfahren", so die Richterin. Für die Schlussplädoyers gebe es keine extra Vorbereitungszeit mehr. "Ich gehe davon aus, dass alle allzeit bereit sind."

Weitere Zeugenvernehmung

Der Anwalt von Wicki beantragte heute eine weitere Zeugenvernehmung. Der frühere Generaldirektor der russischen Zentralbank soll per Videokonferenz einvernommen werden. Die Richterin verlas heute die Zeugeneinvernahme eines russischen Geschäftsmanns, der eine Tätigkeit des mitangeklagten Schweizer Vermögensverwalters Norbert Wicki für ihn bei einer Kreditvermittlung bestätigte. Er habe Wicki aber nie mit Bargeld bezahlt.

Richterin Hohenecker erinnerte heute Rechtsanwalt Michael Dohr, der seinen Platz im Saal wechselte, an die dabei geltende Maskenpflicht. Es gebe ja jetzt schon Masken passend zum Anzug, scherzte sie gegenüber dem modebewussten und oft bunt gekleideten Verteidiger. (APA, 10.9.2020)