In Berlin ist gerade der Mietendeckel der große politische Aufreger, das Bestellerprinzip ist aus Sicht von Mietervertretern "gegessen".

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Lukas Siebenkotten: "Umgehungs-versuche gab es, aber nicht als Massenphänomen."

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In Österreich steht die Einführung des Bestellerprinzips bei den Maklerprovisionen bevor (wir berichteten). In Deutschland hat man es schon 2015 eingeführt, in einer strengen Variante: Makler dürfen von Mietern nur noch dann Provision verlangen, wenn ihnen das vermittelte Objekt vor der Kontaktaufnahme des Mieters noch nicht bekannt war, es also aktiv für den Interessenten gesucht wurde.

Wie ist die Lage in Deutschland nun, fünf Jahre nach der Einführung? DER STANDARD hat darüber mit Lukas Siebenkotten, seit 2019 Präsident des Deutschen Mieterbunds, gesprochen. Der 63-jährige Jurist hat derzeit allerdings mehr mit anderen Dingen, wie dem Berliner Mietendeckel und der Mietpreisbremse, zu tun – das Bestellerprinzip beschäftigt ihn überhaupt nicht mehr. Warum? "Weil es im Wesentlichen funktioniert", so Siebenkotten. "Wir haben den Eindruck, dass die Vermieter, die den Maklern Wohnungen zur Verfügung stellen, tatsächlich die entsprechende Zahlung dann auch erbringen. Es ist für die Makler mit Sicherheit härter als vorher, sie müssen nämlich mit dem Vermieter jetzt viel mehr diskutieren, sie müssen sich also mehr anstrengen, aber das muss ja nicht schlecht sein", so Siebenkotten schmunzelnd.

"Besichtigungs- und Anreisegebühr"

Umgehungsversuche gab es, aber die seien kein wirkliches Massenphänomen gewesen. Einige Makler seien aber durchaus sehr kreativ geworden: "Ein Makler verlangte von einem Mietinteressenten etwa eine ‚Besichtigungs- und Anreisegebühr‘ von 250 Euro, ein anderer eine ‚Mieterwechselpauschale‘ von mehreren hundert Euro." In Hamburg wollte ein Makler von einem Wohnungsinteressenten 500 Euro für "Suchauftrag und Reservierung" einfordern, "obwohl der Vermieter den Auftrag erteilt hatte". In München sagte ein Makler, er würde für das Weiterleiten von Unterlagen an den Vermieter eine Unterschrift brauchen – und legte einen Maklervertrag vor, in dem etwas von "zwei Monatsmieten Provision" stand.

In allen Fällen wehrten sich die Mieter erfolgreich gegen die Provisionszahlung. Zu allzu vielen Verfahren sei es aber nicht gekommen, so Siebenkotten. "Man hat seitens des Justizministeriums sehr genau darauf geachtet, dass es möglichst keine Umgehungen gibt." Alles, was "unter der Hand" passiere, bekomme man aber natürlich nicht mit.

Angebotsdelle "normalisiert"

"Unter der Hand" wurden kurz nach der Einführung des Bestellerprinzips übrigens auch zahlreiche Mietwohnungen weitergegeben, und zwar von den ausziehenden Mietern, mit Einverständnis des Vermieters. Auf den Immo-Plattformen gingen die Angebote deshalb zunächst um mindestens 30 Prozent zurück, hieß es. "Ja, anfangs gab es schon eine Delle", sagt Siebenkotten heute dazu. "Aber das hat sich meiner Einschätzung nach wieder normalisiert." Vom Maklerverband IVD, mit dem sich der Deutsche Mieterbund in Berlin aus purem Zufall heraus ein Bürohaus teilt, würde man nun keine Klagen mehr vernehmen, so Siebenkotten. "Anfangs haben die natürlich sehr gejammert und Krokodilstränen vergossen. Der befürchtete Zusammenbruch des Mietgeschäfts für Makler ist aber ausgeblieben."

Und das ebenfalls ab 2015 berichtete Phänomen (zu) hoher Ablösen für Mietwohnungen, weil sich die Mieter ihre Nachmieter vermehrt selbst gesucht haben? Nun, meint der Mieterbund-Präsident, das habe es grundsätzlich immer schon gegeben. "Das hatte zunächst nichts mit dem Bestellerprinzip zu tun. Der eine Mieter geht raus und überlegt sich, wie er noch ein bisschen was dran verdienen kann" – für die Küche etwa. In vielen deutschen Städten werden private Mietwohnungen nämlich in der Regel ohne Küche vermietet. Berlin sei hier aber eine Ausnahme, in der Hauptstadt sind die Mietwohnungen meist mit Küche zu mieten.

Eine Evaluierung des Bestellerprinzips war für heuer geplant, diese hat laut Siebenkotten aber bisher noch nicht stattgefunden. Die Frage ist, ob das seitens der Politik überhaupt noch für nötig erachtet wird.

Provisionsteilung beim Kauf kommt

Die deutsche Regierung denkt nämlich schon weiter und führt im Dezember auch bei Kaufgeschäften eine Änderung ein: Mit der sogenannten "Provisionsteilung" darf dann vom Käufer nicht mehr Provision verlangt werden als vom Verkäufer. Siebenkotten will dazu nichts sagen, weil das Thema "nicht mieterrelevant" ist. Nur so viel: "Ich glaube, dass auch das funktionieren wird, so wie das Bestellerprinzip." (Martin Putschögl, 11.9.2020)