Die Freunde aus der Kartenrunde haben alle längst das Zeitliche gesegnet, Anton (Klaus Rohrmoser) ist als Einziger übriggeblieben und sehnt sich grantelnd selbst ins Grab. Rechts Klaus Beyer in "Mein Freund Kurt" im Zillertal.

Foto: Christoph Liebentritt

Zillertal – Dem Tod das Leben zu retten ist auch keine Lösung. Am Ende liegt der Kerl mit notoperierten Herzkranzgefäßen im selben Krankenzimmer und jammert darüber, dass jetzt die ganze Arbeit liegen bleibt: Flugzeugabsturzopfer, Kriegstote, der ganz normale Dahinscheidende von nebenan – wer soll sich um all das kümmern?

In Lothar Gregers Mein Freund Kurt wird das alte Volksstückthema vom Versuch, dem Tod noch einmal von der Schippe zu springen, auf allerlei absurde Spitzen getrieben.

Beim Steudltenn-Festival im Tiroler Zillertal steht das Stück eigentlich für eine Geburtsstunde: Denn mit der schwarzhumorigen Komödie hat Regisseur und Festivalmitbegründer Hakon Hirzenberger vor zehn Jahren einen alten Stadl, dessen Grundmauern aus dem 13. Jahrhundert stammen, auf seine Theatertauglichkeit getestet. Seither wird hier jeden Sommer Theater gespielt – zum Jubiläum dieses Jahr auch Hirzenbergers Neuinszenierung von Mein Freund Kurt. Die Aufführungen finden allerdings nur bei Schlechtwetter im Stadl namens Steudltenn statt, im Dienste der Corona-Sicherheitsmaßnahmen wurde nämlich eilig auch eine Freilichtbühne errichtet.

Sie erweist sich als absolute Bereicherung für das Festival, man könnte sogar sagen: Unter dem Zillertaler Sternenhimmel stirbt es sich besonders schön. Jedoch mit ziemlich vielen Hindernissen, was die beiden Krankenhausbetten auf der von Gerhard Kainzner sparsam eingerichteten Bühne bereits erahnen lassen.

Exzessive Musikeinspielungen

Zunächst aber begegnet man einem alten Mann mit Anzeichen lebensmüder Verwahrlosung vor dem Fernsehgerät, aus dem unablässig Werbung plärrt. Die Freunde aus der Kartenrunde haben alle längst das Zeitliche gesegnet, Anton ist als Einziger übriggeblieben und sehnt sich grantelnd selbst ins Grab. Was sich allerdings schlagartig ändert, als ein Fremder in seinem Wohnzimmer auftaucht. Er heißt Kurt, sieht aus wie ein Versicherungsvertreter und entpuppt sich als Gevatter Tod. Und siehe da: Plötzlich hat Anton noch unheimlich viel zu tun – von guten Werken mit Gruß an den Jedermann bis zum Friseurbesuch. Man will beim Sterben ja gute Figur machen.

Man einigt sich schließlich auf eine kurzfristige Terminverschiebung, doch die zeitigt ungeahnte Folgen. Klaus Rohrmoser als renitenter Todeskandidat Anton und Klaus Beyer als Burnout-gefährdeter Kurt geben dieses skurrile Duo mit Verve, in wechselnden Nebenrollen machen sich aber auch Lisa-Lena Tritscher und Peter Wolf gut.

Die Lacher laufen in dieser grundsympathischen, mit ein paar sachten zeitkritischen Nadelstichen versetzten Komödie wie von selbst, erwähnt sei der Auftritt des professionellen Sterbebegleiters (Wolf) mit Sonderangebotsbroschüre. Die Tragik, die dem Verhältnis des Menschen zur eigenen Sterblichkeit innewohnt, schleicht sich eher von hinten an. Und ist am Ende auch der problematischere Part der Inszenierung.

Die vor allem bei den Szenenwechseln exzessiv eingesetzten Musikeinspielungen lassen sie bisweilen ins Rührselige kippen oder schielen schlicht zu sehr nach Dramatik. Weniger wäre hier mehr gewesen. (Ivona Jelcic, 11.9.2020)