Ein Wahlkampfauftakt wie damals: Zum Start der freiheitlichen Kampagne in Wien kamen mehrere hundert Besucher.

Christian Fishcer

Es war der vermutlich ungewöhnlichste Wahlkampfauftakt in der Geschichte der ÖVP: eine große Bühne, drei Tische, sechs Journalisten, ein paar Kameraleute, kein Publikum, kein Jubelvolk. Ein ÖVP-Mitarbeiter sprach von einer Katastrophe: "Die Zahlen!" Er meinte die Zahl der neuen Corona-Infizierten, wegen der der mit hundert Menschen – eh schon reduziert – geplante Wahlkampfstart von ÖVP-Spitzenkandidat Gernot Blümel komplett ins Internet verlegt wurde.

So wurde es ein großes Zoom-Event. Über die Online-Plattform wurden Unterstützer zugeschaltet. Die Bühne war umrahmt von einer gigantischen Videowand, über die Dutzende aus kleinen Fenstern winkten und klatschten. Inhaltlich gab es ein sich durchziehendes Thema: die Versäumnisse der rot-grün regierten Hauptstadt bei der Integration von Menschen mit Migrationshintergrund.

ÖVP-Wien-Chef und Finanzminister Gernot Blümel ließ sich via Zoom feiern. Darüber zeigte sich auch Bundeskanzler Sebastian Kurz erfreut.
Foto: APA / Hans Punz

Den Freiheitlichen passierte bei ihrem zeitgleich stattfindenden Auftakt ein kleiner Fauxpas. Denn dort, wo laut Parteiaussendung die Bühne aufgebaut sein sollte, nämlich am Kardinal-Rauscher-Platz im 15. Bezirk, fand eine Gegendemonstration der ebenfalls antretenden neuen Links-Partei statt. Die FPÖ-Spitze trat rund hundert Meter entfernt am Leopold-Mistinger-Platz auf. Die lauten Klänge der John-Otti-Band dienten aber als hörbarer Wegweiser.

Die Open-Air-Veranstaltung kam dem nahe, was vor Corona als normal galt: Mehrere hundert Besucher kamen vor die Bühne, Hände wurden geschüttelt, Masken waren Mangelware, auch wenn die FPÖ diese auf Wunsch bereitstellte. Gedrängt war es nicht. Ob gewollt oder nicht: Abstand wurde gehalten.

FPÖ-Chef Dominik Nepp wetterte gegen Rot-Grün in Wien.
Christian Fishcer

Von der Bühne getrommelt wurde vor allem das Ausländerthema. Spitzenkandidat Dominik Nepp trat für ein Wien ein, "wo der Staatsbürger wieder etwas zählt". Die Wahl sei die letzte Chance, dass "der echte Österreicher in Wien die Mehrheit ist". In Schulen gebe es wegen Rot-Grün "unhaltbare Zustände", in Margareten spreche nur einer von zehn Schülern Deutsch. Nepp sprach in puncto Kriminaldelikte von "Messer-Tschetschenen" und "Messer-Afghanen". Das Motto bei der Asylpolitik sei "Heimreise statt Einreise". (krud, mika, 10.9.2020)