Die FPÖ versucht neuerdings mit Nussstrudel Wählerstimmen zu gewinnen.
Foto: Heribert Corn

Dem Wiener Existenzialphilosophen Michael Häupl verdanken wir eine große Erkenntnis: Wahlkampfzeiten sind Zeiten fokussierter Unintelligenz. Aber nicht nur das sind sie, sie sind auch Zeiten des fokussierten Kuchenbackens, wie die Plakatsujets der Wiener FPÖ beweisen (nicht verwechseln: Das ist die mit Nepp, nicht die mit Strache). Wie seit Jahrzehnten weisen auch diese blauen Plakate zwei charakteristische Merkmale auf. Sie sind subtil wie eine Dampframme und intelligent wie ein Koffer ohne Griff.

Was sehen wir? Die untere bzw. linke Hälfte des Plakats (es existiert in einer hoch- und einer querformatigen Version) ist von einem hässlichen Grauschleier überzogen und zeigt die grüne Frau Hebein und den roten Herrn Ludwig mit unvorteilhaft verzogenem Gesichtsausdruck vor einem türkischen Fahnenmeer. Meuchelfoto nennt man so etwas.

Wie anders Dominik Nepp! Die ihm gewidmete Plakatfläche erglänzt in allen Farben des Regenbogens, hier strahlt und funkelt es, dass einem die Freudentränen kommen. Umrundet von vier original minimalpigmentierten Bioösterreichern (kleines Mädchen, junge Frau, freundliche Oma, grauhaariger Opa) grinst der blaue Pausbäckerich, der seine Frisur offenbar von einem Steinmetz verfertigen lässt, in die Kamera wie ein Honigkuchenpferd.

Und was tut er sonst noch? Mit einem Tortenheber hebt er dem Opa ein Stück Nussstrudel auf den Teller, während das Mädchen und die Oma begeistert auf ein Strudelstück starren, das ihnen Nepp schon aufgetischt hat: Die beiden können ihr Glück kaum fassen! Es ist eine atemberaubende Vision, wie sich die Freiheitlichen die Zukunft ausmalen. Wien als ein Ort endlosen gemeinsamen Nussstrudelfressens unter echten Einheimischen. Und natürlich ein Wien, wo Nepp als nichtamtsführender Stadtrat weiter seine 9000 Euro pro Monat abhebt.

Jetzt wissen wir auch, was er tut, wenn er nicht amtsführt. Er bäckt. Nussstrudel, Linzertorte, Neger im Schlafrock, alles aus garantiert germanischem Urgesteinsmehl ohne jede artfremde Beigabe. Am besten aber sind seine Windbeutel. Nepp bäckt sie nach seinem Spezialrezept und füllt sie nicht mit Schlagobers, sondern mit Schaum vor dem Mund. Ein klassischer populistischer Leckerbissen. Da wird sich Strache warm anziehen müssen. (Christoph Winder, 12.9.2020)