Als die Ibiza-Erbärmlichkeit zum Zerbrechen von Türkis-Blau führte, sagte Bundespräsident Alexander Van der Bellen: "So sind wir nicht."

Jetzt twittert der Bundespräsident zum Flüchtlingselend im griechischen Lager Moria: "Geflüchtete Menschen in Moria & besonders Kinder ohne Eltern brauchen jetzt unsere Hilfe. Europa & Österreich hat, da bin ich zuversichtlich, die Größe & Menschlichkeit, jetzt das Richtige zu tun."

Tausende Menschen sind in Moria obdachlos geworden.
Foto: AFP/ANGELOS TZORTZINIS

So sind wir nicht, dass wir da zusehen, meint er. Er spricht den türkisen Teil der Regierung unter Bundeskanzler Sebastian Kurz an, der es mit seinen Repetitoren – Außenminister Schallenberg, Innenminister Nehammer, Integrationsministerin Raab – eisern ablehnt, auch nur ein paar Kinder aus Moria zu nehmen (worüber sich bereits der deutsche CSU-Innenminister wundert).

Die Argumente – "sonst kommen noch mehr nach" – stimmen in der Form nicht. Aber darum geht es ja gar nicht. Tatsache ist, dass vor allem Sebastian Kurz aus persönlicher Überzeugung gegen eine solche humanitäre Geste ist. Aber selbstverständlich haben er und sein türkiser Beraterstab ein ganz entscheidendes politisches Motiv: Sie sind überzeugt davon, dass eine Mehrheit der Österreicher gegen neue Flüchtlinge und daher auch gegen ein paar Kinder ist.

Das sieht auf den ersten Blick so aus. Aber, nach einer Minute des Nachdenkens: Ist das wirklich so? Sind wir so? (Hans Rauscher, 11.9.2020)