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"Off into outer space you go my friends / We wish you bon voyage / See all the wonders that you leave behind / The wonders humble people own" ... Mehrmals hatte ich beim Lesen von "Fallender Stern" Buffy Sainte-Maries "Moonshot" im Ohr; oder genauer gesagt die Coverversion von Dean & Britta aus den 2000er Jahren. Wirft der deutsche Autor Christoph Dittert anhand eines First-Contact-Szenarios doch die Frage auf, wo der Platz des Menschen ist: auf der Erde oder im All, in der Gegenwart oder in ständiger Verfolgung der Zukunft. Diese Frage wird eine Familie spalten – noch bevor der äußerst folgenschwere Erstkontakt tatsächlich eintritt.

Der Anlass

Im Jahr 2033 tritt das unerhörte Ereignis ein: Ein Asteroid kreuzt unser Sonnensystem und sendet eine Funkbotschaft aus – unverständlich zwar, aber eindeutig künstlich. Umgehend laufen Vorbereitungen für die vielleicht wichtigste Mission der Menschheitsgeschichte an: In drei Jahrzehnten wird der Asteroid den erdnächsten Punkt seiner Bahn erreichen, dann sollen Raumfahrer auf ihm landen und die Quelle der Funksignale finden. Sie werden dafür nur wenige Stunden Zeit haben, ehe er unaufhaltsam weiterzieht. Doch in dieses kurze Zeitfenster fließt nun die Arbeit von Jahrzehnten.

Die Familie Allamore aus Florida ist darin von Anfang an involviert, da Vater Ethan und Mutter Isabella beide für die NASA arbeiten. Im Mittelpunkt stehen aber ihre Kinder Eric und Amy. Die Zwillinge sind zum Zeitpunkt der Entdeckung erst zehn Jahre alt, und doch zeichnet sich schon zu diesem frühen Zeitpunkt ab, dass die Familienmitglieder sehr unterschiedlich mit dem Ereignis umgehen werden. Wie es an einer Stelle heißt: "Es sind unsere Reaktionen, die uns prägen, nicht das, worauf wir reagieren."

Mutter und Tochter haben beide fest den Blick aufs Weltall gerichtet. Isabella lässt sich zur Astronautin ausbilden, Amy möchte ihr später unbedingt folgen. Vater und Sohn hingegen wenden sich vom Projekt ab; der Preis, den es der Familie abverlangt, ist ihnen zu hoch. Der erste Teil des Romans schildert die 30 Jahre bis zum Start der Mission – und damit auch, wie die Ehe der Allamores zerbricht und das Band zwischen den Zwillingen zwar belastet wird, aber nicht reißt.

Teaser

Nachdem es First-Contact-Geschichten wie Sand am Meer gibt, stellt sich vor dem Lesen einer weiteren immer die Frage, ob dem Autor irgendein eigenständiger Aspekt eingefallen ist, der das Ganze neu wirken lässt. Und das ist Dittert mit dem Herunterbrechen auf eine Familiengeschichte auch gelungen. Das geht sogar so weit, dass wir im zweiten Teil den eigentlichen Kontakt aus einem Krankenhauszimmer heraus mitverfolgen werden, statt direkt auf dem Asteroiden zu sein. Doch es gibt ja einen Livestream aus dem All, und die Parallelität der Ereignisse im Weltraum und auf der Erde könnte kaum dramatischer sein!

An dieser Stelle sind auch noch ein paar Worte an die Action-Fans fällig, die aufgrund des bisher Gesagten womöglich fürchten, hier zu kurz zu kommen: Keine Angst, schlagt das Buch einfach ganz vorne auf. Der Haupthandlung ist ein kurzer Prolog aus dem Jahr 2066 (also drei Jahre nach der Asteroidenmission) vorangestellt. Und in dem lesen wir, wie sich die ganze Welt in den Klauen eines verheerenden Krieges befindet. "Fallender Stern" rekonstruiert also den Ablauf der Ereignisse, die zu diesem düsteren Szenario geführt haben, und hält damit stets eine unterschwellige Spannung am Köcheln.

Dieser Teaser zu Beginn war ein ziemlich geschickter Schachzug Ditterts. Weniger gelungen – mein einziger Kritikpunkt – sind einige Zwischenspiele, in denen ein Journalist und ein zum Glauben gefundener Astronaut ihre Ansichten zur Mission, zur Menschheit und zum Sinn, der hinter allem stecken mag, zum Besten geben. In der Theorie stärken diese Meta-Betrachtungen die philosophischen Aspekte des Romans. In der Praxis wirken sie aber wie Fremdkörper, da sie von zwei Außenstehenden kommen, über die wir so gut wie nichts wissen: zwei Black Boxes gewissermaßen, ganz im Gegensatz zu den Hauptfiguren. Besser wäre es gewesen, wenn Dittert diese Betrachtungen gleich von einem der Allamores kommen hätte lassen. "Fallender Stern" ist ihr Roman.

Gelungener Erstkontakt

Es ist gut möglich, dass ich zuvor noch nie etwas von Christoph Dittert gelesen habe, obwohl er auf ein schon recht umfangreiches Werk zurückblickt. Das hat sich bislang aber hauptsächlich in verschiedenen Serienkosmen abgespielt, unter anderem dem von "Perry Rhodan" (unter dem Pseudonym Christian Montillon) oder dem der beliebten Jugendromanreihe "Die drei ???". Und von Serien halte ich mich, wie schon öfter erwähnt, weitestgehend fern, weil sie mir zu viel Lesezeit binden, in der ich in ganz andere Universen eintauchen könnte. "Fallender Stern" war also in mehrerlei Hinsicht ein Erstkontakt – und ein gelungener: Hat mir richtig gut gefallen.