Das Schlossberg-Modell zeigt je nach Beleuchtung auch das Stollensystem, an der Wand läuft ein Film dazu.

Graz Museum Schlossberg

Ein paar junge Hainbuchen stehen in der Herbstsonne in einem seltsamen neuen Garten an einem alten, aber unbekannten Ort. Vereinzelte rote Stühle stehen im Baumschatten, und auf einer Seite wird der Blick weit. Wüsste man nicht, wo man ist, könnte man am Tag vor der Eröffnung des neuen Museums auf dem Grazer Schlossberg denken, man befinde sich auf einer felsigen Insel über dem Meer.

Doch da unten schlängelt sich die Mur durch Graz. Und der friedliche Garten hatte früher mehr von einem Kasernenhof, gehörte er doch zum alten und verstaubten Garnisonsmuseum auf der Stallbastei. Das Graz Museum Schlossberg, wie die neue Außenstelle des Graz-Museums heißt, das unten am Fuße des Berges steht, kann bei seiner Eröffnung dieses Wochenende schon selbst auf fast acht Jahre Geschichte zurückblicken.

Drei Millionen

2013 wurde es von der Politik angedacht, Konzepte und Pläne folgten, 2017 vererbte eine Bürgerin eine Million Euro für den 474 Meter hohen Schlossberg, einen Dolomitfelsen, den der Teufel einst auf die Stadt geschmissen haben soll. 2018 gewann das Grazer Architekturbüro Studio WG3 den Wettbewerb mit einem vierteiligen Konzept, das schon vor Corona glücklicherweise viele Freiflächen vorsah. 2019 war Baubeginn, und im Mai 2020 sollte es eigentlich eröffnet werden – dann kam die Pandemie.

Zwei weitere Millionen musste man noch auf die vermachte Million drauflegen, wobei eine ganze Million in Sanierungen ging. Ein Wermutstropfen: Das nostalgische Kanditenhäuschen, wo Süßigkeiten und kitschige Souvenirs verkauft wurden, gibt es schon länger nicht mehr.

Wo es stand, ist nun der Museumseingang, der in den erwähnten Wundergarten führt. Der Garten ist auch Teil des Museumsfoyers, dessen überdachter Teil wie auch ein Veranstaltungsraum in einem eingeschoßigen Neubau liegt. Den Garten kann man auch ohne den Eintritt von zwei Euro besuchen, er widmet sich in sehr abstrakter, aber bezaubernder Form den Mythen und den Fabelwesen des Berges: Was wie ein Vulkantrichter aussieht, ist die Höhle des steirischen Panthers, in einer Sandkiste kann man die Fußspuren des Hackher-Löwen, der dem gegen Napoleon kämpfenden Major Hackher gewidmet war, freischaufeln.

Beeindruckender Stadtblick

Auch der Geschichte vom Hund, der eine Prinzessin gerettet haben soll, kann man auf einer Drehscheibe mit pelzigen Figuren nachspüren. Das Rätsel um einen Elefantenschädel, den man hier tatsächlich fand, wird zwar nicht gelöst, aber in aus dem Boden ragenden Trichtern erzählt.

In der alten Kanonenhalle, einer halboffenen Terrasse, tut sich – vorbei am chinesischen Pavillon und dem Uhrturm – ein beeindruckender Blick auf die Stadt auf. "Die Kanonen hab' ich in ein Regal auf die Seite geräumt", erzählt Otto Hochreiter, der Direktor des Graz-Museums, beim Rundgang und deutet auf das Kriegsgerät an der Wand. Hochreiter rückte nicht nur in der Kanonenhalle die friedliche Geschichte des Schlossbergs in den Vordergrund, denn Kriegsschauplatz war die Festung eigentlich nur 1809. Wo bisher die Kanonen auf die Stadt zielten, können nun Rollstuhlfahrer auf einer Rampe hinunterschauen. Das Museum ist komplett barrierefrei. Ein 3D-Modell von diesem Blick für Menschen mit Sehbeeinträchtigung ist noch in Arbeit.

Per Klick in die Geschichte

Neben der Aussichtsrampe ist ein großer schwenkbarer Monitor, der Echtzeitbilder über die Stadt legt und Plätze und Straßen per Klick in vergangene Epochen versetzt. So kann man sich den Hauptplatz auch im Biedermeier ansehen. In den Nebenräumen wird die Berggeschichte mit teilweise bisher nicht gezeigten Stücken der Sammlung des Graz-Museums erzählt. Etwa mit einem Altarbild der 1271 erstmals erwähnten Thomaskapelle, von der heute nur noch Fundamente erhalten sind. Der letzte Raum auf der oberen Ebene ist ein Parcours mit einem begehbaren historischen Panorama von Conrad Kreuzer aus der Zeit, als Bürger den Berg eroberten. Das Starckehäuschen mit seinen Weingärten und die Standseilbahn fehlen natürlich nicht.

Einen Stock tiefer thront ein großer, in vielen Farben leuchtender "Kristall", ein multimediales Schlossbergmodell, an dem das Institut für Modellbau der TU Graz ein Dreivierteljahr tüftelte. Es zeigt je nach Bespielung und Beleuchtung den Berg und sein Inneres. (Colette M. Schmidt, 11.9.2020)