Maya Gabeira surfte eine 22,4 Meter hohe Welle – das ist Weltrekord.

Foto: imago/ZUMA Press

Wellen, viele Wellen, gibt es natürlich auch in Rio de Janeiro. Nur türmen sie sich bei weitem nicht so hoch wie im 8.000 Kilometer entfernten Nazaré in Portugal, auf der anderen Seite des Atlantiks. Und deshalb ist Maya Gabeira keine Carioca mehr, wie die Einwohner von Rio heißen. 2015 übersiedelte sie nach Nazaré. Zwei Jahre zuvor wäre sie dort beinahe ums Leben gekommen.

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Nazaré. Die Fischer- und Wallfahrtsstadt rund hundert Kilometer nördlich von Lissabon ist ein, nein, der Hotspot der Big-Wave-Surfer. Das liegt am Nazaré Canyon, einer bis zu 5000 Meter tiefen Meeresschlucht, die unmittelbar vor der Küste liegt. Die sich dadurch ergebende enorme Differenz in der Wassertiefe ist die Hauptursache für die gewaltigen Wellen, die hier brechen. Wellen so hoch wie Häuser.

Eine solche Welle hat Maya Gabeira im Oktober 2013 unter sich begraben, sie brach sich den Fuß, trieb leblos im Wasser, drohte zu ertrinken. Ihr Landsmann Carlos Burle, ein Superstar der Szene, fischte sie heraus. Gabeira konnte am Strand wiederbelebt werden, wurde ins Spital gebracht, konnte noch Wochen später nur mit Krücken gehen.

An Big-Wave-Surfen war lange nicht zu denken. Den Contest 2014 hat Gabeira ausgelassen, ab 2015 war sie wieder am Start. Ihre Rückkehr wurde von Sponsor Red Bull begleitet und in einer Doku aufbereitet.

Späte Anerkennung

Seit zwei Jahren ist Gabeira im Besitz des Weltrekords, ihre damalige Marke von 20,72 Metern hat die 33-Jährige heuer klar verbessert: auf 22,40 Meter. Vollbracht wurde die Tat im Februar, Anerkennung fand sie erst jetzt – nach wissenschaftlicher Prüfung vieler Videos und Fotoaufnahmen durch die World Surf League (WSL).

"Ich hab mehr riskiert als sonst", gab Gabeira zu. No risk, no world record. Sätze wie diesen hören ihre Eltern freilich nicht gerne. Sie bangen um die Tochter, seit diese mit Ballett aufgehört hat, um mit dem Brett loszuziehen. Mayas Mutter Yame Reis ist Modedesignerin, ihr Vater Fernando gehörte zu Diktaturzeiten einer Guerillagruppe an, war Mitbegründer der brasilianischen Grünen und hatte bei der Wahl des Bürgermeisters von Rio 2008 nur knapp das Nachsehen.

Die Scheidung der Eltern, als sie zwölf war, habe sie traumatisiert, sagt Gabeira. Sie sei ihrem Vater sehr ähnlich. "Wir haben beide Energie ohne Ende." Nur der Output ist unterschiedlich. "Er wollte mit seiner ganzen Kraft das Land voranbringen, und ich konzentriere mich halt aufs Surfen." (Fritz Neumann, 11.9.2020)