Minneapolis (Minnesota) – Nach dem gewaltsamen Tod des Afroamerikaners George Floyd sind am Freitag erstmals die beteiligten Polizisten vor Gericht erschienen. Die Verteidiger der vier Beschuldigten forderten in der Anhörung in Minneapolis getrennte Prozesse für ihre Mandanten. Wie aus Gerichtsunterlagen hervorgeht, gaben sich die Männer zudem gegenseitig die Schuld an Floyds Tod.

Nach der großen medialen Aufmerksamkeit für den Fall und der Proteste zeichnet sich ein schwieriges Verfahren ab. Die Verteidiger beantragten bei einer Anhörung in Minnesota am Freitag, den Prozess in eine andere Stadt zu verlegen, wie US-Journalisten aus dem Gerichtssaal berichteten. Das solle die Suche nach unvoreingenommenen Geschworenen erleichtern, argumentierten die Anwälte. Diskutiert wurde auch darüber, ob die Identität der Geschworenen geheim gehalten werden soll – etwa zumindest bis zum Prozessende.

Fotografen sind im Gerichtssaal nicht zugelassen: Richter Peter Cahill mit den Angeklagten in einer Gerichtszeichnung.
AFP/Honhnstadt

Tod bei Polizeieinsatz

Floyd war Ende Mai nach einem Polizeieinsatz in Minneapolis gestorben. Der Polizist Derek Chauvin hatte ihm mehr als acht Minuten lang sein Knie in den Nacken gedrückt. Floyd war wegen des Vorwurfs festgenommen worden, einen gefälschten 20-Dollar-Schein benutzt zu haben. Der Fall hatte Massenproteste und auch Ausschreitungen und Plünderungen ausgelöst.

Der Hauptbeschuldigte Chauvin wird des "Mordes zweiten und dritten Grades" sowie des Totschlags beschuldigt. Chauvins ehemaligen Kollegen Alexander Kueng, Thomas Lane und Tou Thao wird Beihilfe zur Last gelegt.

Fentanyl

Chauvin behauptete laut Gerichtsunterlagen, Floyd sei an einer Überdosis Fentanyl gestorben. Zudem warf er zwei seiner Ex-Kollegen vor, Floyds Zustand nicht richtig eingeschätzt zu haben. Die Staatsanwaltschaft bezeichnete die Theorie einer Überdosis als "lächerlich" und forderte, alle vier Beschuldigten gemeinsam vor Gericht zu stellen, da sie "in enger Abstimmung untereinander" gehandelt hätten.

Nach der Anhörung warf der Anwalt von Floyds Familie, Ben Crump, der Gegenseite vor, das Image des Gestorbenen aus taktischen Gründen zu beschmutzen. "Die einzige Überdosis, die George Floyd tötete, war eine Überdosis exzessiver Gewalt und Rassismus durch die Polizei von Minneapolis", sagte er. Die Autopsie Floyds hatte jedoch erhöhte Konzentrationen von Fentanyl und Methamphetaminen im Blut des Toten bewiesen. (APA, 12.9.2020