Das Wichtigste in Kürze:

  • Die Verschärfung der Maßnahmen nach der hohen Zahl an Corona-Fällen ist seit Samstagabend rechtmäßig verordnet und tritt ab Montag in Kraft.
  • Die Corona-Kommission wird wegen der stark steigenden Infektionszahlen am Montag wieder zusammenkommen.
  • Für Gesundheitsminister Anschober sind die aktuellen Zahlen "deutlich zu hoch"
  • Ampelkommissionsleiter Ulrich Herzog sorgt sich wegen des raschen Anstiegs bei den Neuinfektionen in Österreich. In Österreich wurden 869 Neuinfektionen registriert.
  • Einem Bericht der Online-"Krone" zufolge prüft Deutschland eine Reisewarnung für Wien. Bisher gibt es keine Bestätigung aus Wien oder Berlin.
  • In einem Pflegeheim in Graz und einer Bäckerei in Niederösterreich haben sich Cluster gebildet.
  • Der Pharmakonzern AstraZeneca hat die Impfungen mit seinem Covid-19-Impfstoff in Großbritannien nach einer Pause wieder aufgenommen.
  • UNO-Resolution zur Corona-Pandemie gegen US-Widerstand wurde verabschiedet.
  • Der Immunologe und Trump-Berater Anthony Fauci erwartet eine Rückkehr zur Normalität erst gegen Ende 2021.
  • Der Nationalrat tagt am Montag noch einmal mit einer speziellen Sitzordnung. Die Plexiglastrennwände wurden nicht zeitgerecht fertig.
  • In Brasilien sind bereits 130.000 Todesfälle registriert worden, in Mexiko 70.000.
  • In Deutschland wurden am Freitag 1.630 neue Infektionen registriert, mehr als 1.400 in Tschechien, Frankreich kam sogar auf mehr als 10.000 Neuinfektionen innerhalb von 24 Stunden.
  • Kärnten rüstet sich für das GTI-Treffen. Heuer hat die Maske eine höhere Priorität als Gummi.

Verschärfung der Maßnahmen mit Samstagabend verordnet

Die am Freitag angekündigte Verschärfung der Maßnahmen zur Eindämmung der Coronavirus-Epidemie hat nun auch eine rechtliche Grundlage. Am Samstagabend wurde die Verordnung von Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) kundgemacht. Damit gelten ab Montag eine österreichweite Maskenpflicht in fast allen öffentlich zugänglichen Innenräumen sowie Verschärfungen bei Events, im Gastro-Bereich und für Indoor-Sportveranstaltungen.

Die Novelle der sogenannten "COVID-19-Lockerungsverordnung", in der die Corona-Regeln festgeschrieben sind, tritt in der Nacht auf Montag um 00.00 Uhr in Kraft. Welche Bereiche betroffen sind, lesen Sie hier.

869 Neuinfektionen in Österreich

Die aktuellen Corona-Zahlen haben am Samstag neuerlich eine drastische Zunahme gezeigt: Laut Innen- und Gesundheitsministerium gab es 869 Neuinfektionen, davon alleine 444 in Wien.

Bisher gab es 32.696 Erkrankte, 754 Personen sind bisher an den Folgen des Corona-Virus verstorben und 26.579 wieder genesen. Aktuell befinden sich 209 Personen aufgrund des Corona-Virus in krankenhäuslicher Behandlung, davon 42 der Erkrankten auf Intensivstationen.

Anschober: Zahlen "deutlich zu hoch"

"Diese Zahlen sind für diesen Zeitpunkt deutlich zu hoch. Jetzt muss mit aller Kraft daran gearbeitet werden, dass daraus keine exponentielle Steigerung in Richtung einer zweiten Welle wird", betonte Gesundheitsminister Rudi Anschober (Grüne) am Samstag. Die Entwicklung der Neuinfektionen "bestätigt die Notwendigkeit der gestrigen Beschlüsse der deutlichen Ausweitung der Schutzmaßnahmen".

Nie zuvor sei so viel getestet worden (14.674 Tests in 24 Stunden) – dadurch und durch die massiv erweiterte Teststrategie seien die aktuellen Infektionszahlen nicht vollständig mit den Zahlen des Frühlings vergleichbar. "Aber 869 dabei festgestellte Neuinfektionen bei gleichzeitig 322 Neugenesenen in den vergangenen 24 Stunden sind eine besorgniserregende Entwicklung", sagte der Ressortchef. Erfreulicherweise seien die Hospitalisierungen ebenso wie die Todeszahlen relativ stabil.

Der dauerbeschäftigte Gesundheitsminister Anschober ist besorgt ob der schnell steigenden Zahlen.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Kommission trifft am Montag wieder zusammen

Am Montag wird die Corona-Kommission zu einer weiteren Sitzung zusammentreffen. Grund sind die stark ansteigenden Infektionszahlen sowie die Evaluierung der Ampel-Regionen. Das sagte der Kommissionsleiter Ulrich Herzog dem "Ö1-Mittagsjournal" am Samstag. Bereits Freitagabend hatte er in einem ZiB2-Interview die Entwicklung als "besorgniserregend" bezeichnet.

"Wir haben die Entwicklung schon länger auf uns zukommen gesehen", sagte Herzog. Der Durchschnitt der vergangenen drei Tage liege nun bei rund 700 Infektionen österreichweit. 50 Prozent sind in Wien zu verzeichnen, danach folgen Vorarlberg, Tirol, Oberösterreich und die Steiermark. Daher könne man von einem "bundesweiten Trend" sprechen, es seien nicht mehr "einzelne Regionen" betroffen, so der Kommissionsleiter.

Derzeit seien von den vielen Ansteckungen in Wien vor allem junge Menschen betroffen. Hintergrund der Fälle sind Familien, private Feiern, gesellschaftliche Events wie etwa gemeinsames Fußballschauen oder Veranstaltungen bei der Freiwilligen Feuerwehr. In Alters- und Pflegeheime gebe es erfreulicherweise weniger Fälle, was zu einer Verringerung der Belagszahlen in den Spitälern führe.

Bild nicht mehr verfügbar.

Ulrich Herzog ist beunruhigt.
Foto: AP/Punz

Deutschland soll Reisewarnung für Wien prüfen

Nach dem starken Anstieg der Coronavirus-Neuinfektionen erwägt Deutschland der "Krone" zufolge, eine Reisewarnung für Wien zu verhängen. Krone.at bezog sich auf "gut informierte Kreise". Das deutsche Auswärtige Amt bestätigte diese Information gegenüber der APA nicht. Auch das österreichische Außenministerium wollte auf APA-Anfrage den Bericht "nicht kommentieren".

Überschreitet ein Land oder eine Region die Neuinfiziertenzahl im Verhältnis zur Bevölkerung von 50 Fällen pro 100.000 Einwohner kumulativ in den letzten sieben Tagen, können in Deutschland Reisewarnungen ausgesprochen werden. Derzeit sind es in Wien 99,6 Fälle pro 100.000 Einwohner in den vergangenen sieben Tagen. Es gibt aber keinen Automatismus bei einer Überschreitung der Schwelle von 50 Fällen. Als Risikogebiet definiert Deutschland aktuell Regionen in Frankreich, Spanien, Belgien, Kroatien, Bulgarien, Rumänien, Tschechien und der Schweiz.

Am Freitag hat bereits die Schweiz Wien auf die Liste der Corona-Risikogebiete gesetzt. Ab kommendem Montag gilt für Einreisende aus Wien eine Quarantänepflicht von zehn Tagen. Einreisende müssen sich innerhalb von zwei Tagen bei den zuständigen kantonalen Behörde melden. Wer die Quarantäne- oder Meldepflicht nicht befolgt, dem droht eine Geldstrafe von bis zu CHF 10.000 (9.279,02 Euro). Einreisende aus Grenzregionen – etwa aus Vorarlberg und Tirol – sind aber generell von der Quarantänepflicht ausgenommen, auch wenn die Corona-Fallzahlen ansteigen sollten.

Cluster in Pflegeheim und Bäckerei

Zwar sinken die Infektionszahlen bei alten Menschen, in der Steiermark bildete sich dennoch ein Cluster. In einem Grazer Pflegeheim haben sich 26 Personen infiziert. Weitere Fälle werden nicht ausgeschlossen, da laufend neue Testergebnisse bekannt würden, hieß es am Samstag seitens der Caritas, die das Heim betreibt. 13 Bewohner sowie 13 Personen vom Personal sind demnach infiziert. Im Heim versucht man nun, durch Isolierung der infizierten Personen weitere Ansteckungen zu vermeiden, eine Evakuierung war nicht möglich.

In Hagenbrunn im Bezirk Korneuburg sind 17 Mitarbeiter einer Bäckerei positiv auf das Coronavirus getestet worden. "Der Betrieb läuft derzeit unter engmaschiger Kontrolle", erklärte ein Sprecher der Gesundheitslandesrätin Ulrike Königsberger-Ludwig (SPÖ) am Samstag. Man erarbeite mit den Ländern Wien und Niederösterreich sowie der Bezirkshauptmannschaft ein Konzept zur Fortführung der Produktion. Generell gehe in Niederösterreich die stark steigende Zahl der Infizierten besonders auf eine Vielzahl kleiner Cluster im Familienumfeld zurück. "Diese sind vor allem durch Reiserückkehrer entstanden, die das Virus ins Private mitgenommen haben", so der Sprecher.

AstraZeneca impft in Großbritannien nach einer Pause wieder

Wenige Tage nach der Unterbrechung der klinischen Tests seines Corona-Impfstoffs hat der britisch-schwedische Pharmakonzern AstraZeneca die Versuche wieder aufgenommen. Nachdem die zuständige Aufsichtsbehörde die Sicherheit bestätigt habe, seien die Tests des Impfstoffs AZD1222 am Menschen in Großbritannien wieder angelaufen, teilte das Unternehmen am Samstag mit. Zuvor waren die klinischen Tests "freiwillig ausgesetzt" worden, nachdem ein Proband krank geworden sei. Woran der Patient erkrankte, wurde nicht mitgeteilt.

Das Präparat von AstraZeneca zählt zu den weltweit neun potenziellen Impfstoffen, die sich bereits in der abschließenden Testphase III befinden. Die EU, die USA und andere Staaten haben mit dem Pharmakonzern bereits Liefervereinbarungen für den Impfstoff geschlossen.

UNO-Resolution gegen US-Widerstand verabschiedet

Gegen den Widerstand der USA haben die Vereinten Nationen eine Resolution zur Corona-Pandemie verabschiedet, mit der die führende Rolle der Weltgesundheitsorganisation (WHO) bei der Bekämpfung des Coronavirus bestätigt wird. Für die Entschließung stimmten am Freitag 169 der 193 Mitgliedstaaten, dagegen votierte außer den USA nur noch Israel. US-Präsident Donald Trump, der der WHO schwere Fehler in der Corona-Krise vorwirft, hatte Anfang Juli den Austritt seines Landes aus der Organisation eingeleitet.

Sardinien erlaubt Einreise nur mit negativem Test

Die italienische Ferieninsel Sardinien verschärft ab Montag ihre Einreisebestimmungen. Ankommende Passagiere sind "aufgerufen", einen negativen Coronatest vorzuweisen, der nicht älter als 48 Stunden ist. Alternativ können Einreisende auch online erklären, selbst einen Corona-Schnelltest mit negativem Ergebnis durchgeführt zu haben. Wer ohne negatives Testergebnis anreist, kann sich übergangsweise innerhalb von 48 Stunden auf der Insel testen lassen, muss aber bis zum Ergebnis in häuslicher Quarantäne bleiben.

Es gibt einige Ausnahmen, etwa für das Personal in Flugzeugen. Darüber hinaus müssen Einreisende vor ihrer Ankunft online ein Formular ausfüllen und übermitteln. Zudem gilt ab Montag auch im Freien eine Maskenpflicht, wenn der Abstand von einem Meter nicht eingehalten werden kann.

Demonstrationen nah und fern

Gegner der staatlichen Maßnahmen gegen eine weitere Ausbreitung der Corona-Pandemie haben am Samstag in den deutschen Großstädten München und Hannover erneut Kundgebungen organisiert. In München versammelten sich nach Angaben der Protestgruppe "Querdenken" 500 Menschen am Mittag zu einem Protestzug zur Theresienwiese. Diese Zahl war in der Nacht zuvor vom Bayerischen Verwaltungsgerichtshof als Höchstwert für zulässig erklärt worden.

Auch in Ozeanien wächst der Unmut der Menschen wegen der Corona-Einschränkungen. In der neuseeländischen Metropole Auckland sind Hunderte Menschen auf die Straße gegangen, um gegen Maßnahmen der Regierung im Kampf gegen die Corona-Pandemie zu protestieren. Im australischen Melbourne wurden 14 Menschen bei einer Demonstration mit rund 100 Teilnehmern festgenommen.

Bild nicht mehr verfügbar.

Eine Demonstrantin in Melbourne beruft sich auf ihre Menschenrechte.
Foto: Reuters/Stringer

Australien und Neuseeland galten zu Beginn der Coronakrise wegen drastischer Maßnahmen als internationale Vorzeigebeispiele, was die Bekämpfung der Pandemie betrifft. Sie gehören auch einer Gruppe von "First Movers" an, die Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP) zum Erfahrungsaustausch um sich geschart hat.

Immunologe Fauci: Rückkehr zur Normalität nach Corona erst Ende 2021

Der renommierte Immunologe Anthony Fauci erwartet für die USA eine Rückkehr zu normalen Lebensumständen erst Ende 2021 – selbst wenn es bereits in wenigen Monaten eine Coronavirus-Impfung geben sollte. So lange dürfte es dauern, bis genug Menschen für einen "Schutzschirm der Immunität" geimpft sind, sagte Fauci am Freitag zur Begründung.

Zugleich rechnet er bei Corona-Impfstoffen lediglich mit einer Effizienz von 70 bis 75 Prozent. "Ich wäre überrascht, wenn wir eine Impfung wie gegen Masern bekämen, die in 97 bis 98 Prozent der Fälle wirkt", sagte Fauci dem Nachrichtensender CNN. "Ich denke nicht, dass das passieren wird. Ich würde eine zu 70 oder 75 Prozent effiziente Impfung akzeptieren." Das mache dann aber auch weiterhin zusätzliche Schutzmaßnahmen erforderlich.

Viele neue Fälle in Deutschland und Tschechien, mehr als 10.000 in Frankreich

Der Trend zunehmender Corona-Infektionszahlen in Tschechien hält an. Am Freitag kamen 1.447 bestätigte Fälle hinzu, mehr als je zuvor an einem Tag. Das gab das Gesundheitsministerium in Prag am Samstag bekannt. Es gab mehr als 12.200 aktive Fälle. Seit Beginn der Pandemie starben 450 Menschen in Verbindung mit einer Covid-19-Erkrankung. Prags Oberbürgermeister Zdenek Hrib übte im tschechischen Fernsehen CT scharfe Kritik an der Krisenpolitik der Regierung. Sie habe verschlafen, dass es mit dem Schulbeginn nach den Sommerferien zu einer Infektionswelle kommen werde, sagte der studierte Mediziner.

Die Gesundheitsämter in Deutschland haben innerhalb eines Tages 1.630 Corona-Neuinfektionen gemeldet. Seit Beginn der Coronakrise haben sich mindestens 258.480 Menschen in Deutschland nachweislich mit dem Virus Sars-CoV-2 infiziert, wie das Robert Koch-Institut (RKI) am Samstag auf seiner Homepage bekannt gab (Datenstand 12.9., 0.00 Uhr).

In Frankreich steigt die Zahl der Neuinfektionen erstmals überhaupt auf mehr als 10.000. Binnen 24 Stunden habe es 10.561 neue Fälle gegeben, teilen die Behörden mit. Die höchste Zahl bisher hatte es am Donnerstag mit 9.843 gegeben. Der Anstieg hatte die Regierung dazu veranlasst, weitere Beschränkungen zu verhängen. Die Zahl der Toten in Kliniken und Pflegeeinrichtungen steigt um 17 auf 30.910.

Dramatisch hohe Todeszahlen in Mexiko und Brasilien

Brasilien hat mehr als sechs Monate nach dem ersten Coronavirus-Fall die Schwelle von 130.000 Corona-Toten überschritten. Am Freitag bestätigte das Gesundheitsministerium 874 Todesfälle und 43.178 Neuinfektionen in den vergangenen 24 Stunden, was die Zahl der Todesfälle auf insgesamt 130.396 und die der Infizierten auf mehr als 4,2 Millionen stiegen ließ.

Mexiko hat am Freitag die Marke von 70.000 Corona-Toten überschritten. Allein in den vergangenen 24 Stunden starben 534 Menschen an den Folgen einer Coronavirus-Erkrankung, womit die Gesamtzahl der Todesopfer auf 70.183 stieg, wie das Gesundheitsministerium mitteilte. Mexiko ist das Land mit der vierthöchsten Todeszahl weltweit – nach den USA, Brasilien und Indien. Infiziert haben sich in dem lateinamerikanischen Land bisher insgesamt mehr als 658.000 Menschen. (red, APA, 12.9.2020)