Auf Onlyfans können Menschen Inhalte von sich verbreiten, die auf Instagram und Co nicht erlaubt sind. Dafür muss dann aber gezahlt werden.

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Pornografie und Nacktheit sind heutzutage nur mehr wenige Klicks entfernt. Das Internet bietet schier unendliche Mengen an erotischen Inhalten – alles gratis, alles jederzeit abrufbar. Neben den kostenlosen Portalen, die zu den meistbesuchten Websites der Welt zählen, wächst aber eine ganz andere Plattform immens: Onlyfans. Jeder kann dort Inhalte anbieten und andere dafür zahlen lassen. Rund 24 Millionen User weist die 2016 gestartete Website auf – Tendenz stark steigend.

Ganz ohne Zensur präsentieren

Onlyfans gibt nicht vor, welche Inhalte man anbietet. Alles legale ist erlaubt, ein Großteil des Contents besteht aber aus Nacktinhalten. User können Fotos oder Videos hochladen und andere hierfür ein monatliches Abo abschließen. Ab fünf Dollar ist man dabei – bis zu 50 Dollar können verlangt werden. Um auf der Plattform eine passive oder aktive Rolle einnehmen zu können, muss man mindestens 18 Jahre alt sein. Möchte man Inhalte anbieten, verlangt die britische Website die Hinterlegung eines Ausweises.

Instagram-Follower wollten mehr sehen

Eine klassische Zielgruppe gibt es auf Onlyfans nicht – quer durch die Gesellschaft sind dort Menschen vertreten. Eine österreichische Studentin, die nebenbei modelt, berichtet gegenüber dem STANDARD etwa, dass sie sich im August auf der Plattform angemeldet hat und überrascht sei, wie viel Geld sie mittlerweile damit verdient. Die junge Frau baute sich auf Instagram eine gewisse Gefolgschaft auf und wurde immer wieder mit dem Wunsch nach intimeren Bildern konfrontiert. Also entschied sie sich, auf der Plattform aktiv zu werden.

"Ich stehe zu dem, was ich mache"

Angst, dass die erotischen Bilder einmal gegen sie verwendet werden, hat die Studentin nicht. "Ich stehe zu dem, was ich mache. Ich verbreite keine Pornos, sondern präsentiere mich freizügig", sagt die junge Frau selbstbewusst. Sie geht aber zugleich davon aus, dass ihre Bilder einmal in der Öffentlichkeit verbreitet werden. Es sei nur "eine Frage der Zeit", sagt die Österreicherin dem STANDARD. Mit ihren Aufnahmen dürfte sie mehrere hunderte Euro pro Monat verdienen.

15.000 bis 18.000 Dollar pro Monat

Für "Winter" ist Onlyfans mittlerweile zum Vollzeitjob geworden. Die deutsche Erotikdarstellerin verdient zwischen 15.000 bis 18.000 Dollar pro Monat (exklusive Steuern) mit ihren Aufnahmen, wie sie dem STANDARD erzählt. Dafür verschickt sie ihren Abonnenten Direktnachrichten mit äußerst intimen Inhalten. Diese reichen von aufreizenden Fotos bis hin zu Aufnahmen, bei denen die Frau Sex hat. "Winter" ist allerdings erpicht darauf, dass ihr Content nicht weiterverbreitet wird. Ist dem so, drohen der Person strafrechtliche Konsequenzen. Ein eigenes Team von Onlyfans macht Jagd auf Piraten.

Persönlicher Kontakt und Exklusivität

Generell dürfte bei der Plattform die Anziehungskraft aber ohnehin im persönlichen Kontakt zwischen Inhaltersteller und Konsument liegen. Eine Interaktion zwischen den beiden ist jederzeit möglich. Beiträge können kommentiert oder mit einem Like versehen werden. Eine Vorschau gibt es für kostenpflichtige Inhalte nicht. So ergibt sich eine gewisse Exklusivität, die sich manche User etwas kosten lassen.

Was ein User zu der Plattform sagt

Dominik (Name der Redaktion bekannt) ist so ein Nutzer. Angemeldet hat sich der junge Österreicher, weil er auf der Suche nach ungefiltertem, persönlichem und personalisiertem Content war und die Produzentinnen beziehungsweise Produzenten direkt unterstützen wollte. Der 19-Jährige zahlt pro Monat für zwei bis drei Abos auf Onlyfans – dafür erwartet er sich pornografische Inhalte und eine "relativ hohe "Postfrequenz.

Keine Filterung und direkte Unterstützung

Es hat unterschiedliche Gründe, wieso Dominik nicht einfach das kostenlose Angebot nutzt, das im Netz zahlreich zur Verfügung steht. Einerseits würden die Darstellerinnen und Darsteller leer ausgehen, wenn man die Inhalte auf den populärsten Gratisplattformen nutzt. Andererseits würde Onlyfans einfach eine deutlich persönlichere Ebene und auch einzigartige Inhalte bieten. "Der Content wird nicht durch eine Produktionsfirma gefiltert", schildert der junge Mann gegenüber dem STANDARD.

PULS Reportage

Demokratisierung der Eroktikbranche

Tatsächlich soll die Plattform eine Demokratisierung der Erotikbranche mit sich bringen, wie die Berlinerin Suzie Grime schildert. Die Deutsche war neben ihrem Job als Kellnerin bereits als Hobby-Domina tätig und meldete sich aus Interesse auf Onlyfans an. Auf Instagram weist Grime fast 36.000 Follower auf. Mit ihren Bildern auf Onlyfans verdient sie eine vierstellige Summe. Angst, dass ihre Nacktaufnahmen gegen sie verwendet werden, hat die Deutsche nicht. "Ich bin Feministin und gegen Slutshaming", sagt sie dem STANDARD.

"Angeschaut zu werden ist anturnend"

Sexualtherapeutin Nicole Kienzl hat ferner eine Erklärung dafür, wieso die Plattform so boomt. "Wenn es wenige Tabus in unserer Gesellschaft gibt, müssen wir für Spannung sorgen. Es werden immer mehr Grenzen überschritten. Auch, wenn ich weiß, dass das Netz nicht 'vergisst' und es ein riskantes Unterfangen ist, ist dies ein ungemeiner Lustgewinn. Angeschaut zu werden ist anturnend", schildert sie. Für die zahlenden Personen soll es den "besonderen Kick" ausmachen, da private Nacktbilder einen "verletzlich" beziehungsweise "angreifbar" machen.

Cybermobbing und Erpressung

Generell wäre laut Kienzl bei Jugendlichen Sexting, also das Verschicken von Nacktaufnahmen, sehr angesagt und ein großes Thema, da sich viele über das Internet kennen lernen. Die Sexualtherapeutin warnt aber zugleich davor, dass man sich mit dem Versand von erotischen Inhalten leicht erpressbar macht oder Opfer von Cybermobbing werden kann. "Vielen Jugendlichen, aber auch Erwachsenen ist leider nicht wirklich bewusst, dass ins Internet gestellte Texte und Fotos dort verbleiben und auch an Dritte gelangen können", schildert Kienzl.

Eine Österreicherin unter den beliebtesten Usern

Die 23-jährige Grazerin Savannah Jones hatte es sich zuletzt "gut überlegt", bevor sie Nacktaufnahmen von sich ins Netz stellte, wie sie dem STANDARD schildert. "Ich trainiere viel, ernähre mich gesund und sehe für mich persönlich kein Problem darin mich etwas freizügiger zu zeigen", erzählt die junge Frau ferner. Die Österreicherin zählt zu den populärsten Usern auf Onlyfans und dürfte somit einen ähnlichen Verdienst wie "Winter" erzielen.

Die Welt sehen dank erotischen Bildern

Dafür veröffentlicht Jones aber nicht einfach nur Fotos, sondern interagiert auch mit ihren Abonnenten und antwortet auf jede Nachricht, die sie erhält. Mit den Verdiensten durch ihren Job will die Grazerin die Welt bereisen. Aufgrund der Pandemie dürfte dies aber vorerst ins Wasser fallen. Sollte die volle Reisefreiheit wiedergegeben sein, kann sich die 23-Jährige ihren Wunsch erfüllen und die ganze Welt mehrmals sehen – dank erotischen Bildern im Internet. (Daniel Koller, 13.9.2020)