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Der griechische Premier Mitsotakis kündigte bei einer Rede in Thessaloniki die Aufrüstung Griechenlands an.

Foto: REUTERS/ALEXANDROS AVRAMIDIS

Ankara/Athen/Nikosia – Als Reaktion auf die schweren Spannungen mit der Türkei im östlichen Mittelmeer hat Griechenland ein umfangreiches Aufrüstungsprogramm in die Wege geleitet. "Es wird ein nationales Schild entstehen", kündigte der griechische Regierungschef Kyriakos Mitsotakis am Samstag während einer Rede in der Hafenstadt Thessaloniki an, die vom griechischen Fernsehen übertragen wurde.

Die türkische Staatsführung verbat sich Kritik an ihrem Vorgehen – und warnt Unterstützer Griechenlands vor Einmischung.

Griechenland will Rüstung kaufen und Soldaten ausbilden

Mitsotakis' Regierung will den Angaben zufolge 18 französische Mehrzweckjets vom Typ Rafale kaufen. Zudem sollen vier neue Fregatten angeschafft und vier weitere vorhandene Fregatten aus deutscher Produktion modernisiert werden. Auch der Bestand an Flugabwehrraketen, Torpedos und anderer Munition werde erhöht.

Darüber hinaus solle die griechische Waffenindustrie verstärkt zur Rüstung des Landes beitragen – das betrifft etwa Werften nahe Athen. Das militärische Personal wird nach den Worten von Mitsotakis ebenfalls ausgebaut: 15.000 neue Berufssoldaten sollen in den kommenden fünf Jahren eingestellt werden.

Streit um Erdgas

Im östlichen Mittelmeer eskaliert seit Wochen der Streit um dort vermutete Erdgasvorkommen zwischen den NATO-Mitgliedern Griechenland und Türkei. Griechenland wirft der Türkei vor, in der Region griechischer Inseln illegal Vorkommen zu erkunden. Die Regierung in Ankara weist die Vorwürfe zurück und argumentiert, dass die Gewässer, in denen probeweise nach Erdgas gebohrt wird, zum türkischen Festlandsockel gehören.

Mitsotakis betonte, Griechenland sei bereit, die Differenzen im Zusammenhang mit dem Erdgaskonflikt mit der Türkei friedlich zu lösen. Wolle die Türkei dies ebenfalls und komme es dennoch zu keiner Einigung, könne man das strittige Thema der Ausschließlichen Wirtschaftszonen (AWZ) vor den Internationalen Gerichtshof bringen.

Scharfe Kritik von Macron

Frankreichs Staatspräsident Emmanuel Macron hatte die Erdgaserkundungen der Türkei als "inakzeptabel" kritisiert und am Donnerstag gesagt, Ankara sei seiner Ansicht nach kein Partner mehr in der Mittelmeerregion. "Unsere roten Linien sind einfach der Respekt vor der Souveränität eines jeden europäischen Mitgliedstaates, die Achtung des Völkerrechts", sagte Frankreichs Staatschef auf der Mittelmeerinsel Korsika bei einem informellen Gipfeltreffen von Staats- und Regierungschefs aus sieben südlichen EU-Staaten – darunter Griechenland.

Der türkische Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan richtete daraufhin eine Warnung an Macron: "Legen Sie sich nicht mit dem türkischen Volk an, legen Sie sich nicht mit der Türkei an", sagte er am Samstag bei einer Veranstaltung in Istanbul. "Herr Macron, Sie werden noch viel mehr Probleme mit mir haben", kündigte Erdogan an.

Pompeo besorgt

US-Außenminister Mike Pompeo äußerte sich am Samstagabend bei einem Besuch in der Republik Zypern besorgt über das Vorgehen der Türkei im östlichen Mittelmeer. Der zypriotische Präsident Nikos Anastasiades sagte nach seinem vom zypriotischen Staatsfernsehen übertragenen Treffen mit Pompeo, die Probleme könnten mit diplomatischen Mitteln gelöst werden, aber "nicht mit Kanonenbooten".

Die Türkei erkennt Zypern nicht an. Im Norden der Insel wurde mit türkischer Hilfe eine Türkische Republik Nordzypern eingerichtet, sie wird jedoch nur von Ankara anerkannt. Die gesamte Insel hingegen wird als Republik Zypern international anerkannt und ist seit 2004 EU-Mitglied.

Die Türkei und Zypern streiten sich bereits seit Jahren um die Zypern-Frage und um vermutete Erdgasvorkommen unter dem Meeresboden. Wie im Falle Griechenlands erkundet die Türkei den Untergrund in Seegebieten, die von Zypern beansprucht werden. (APA, 12.9.2020)