Marko Feingold (1913–2019) bei einem Interview mit dem STANDARD im Jahr 2018.

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Am 19. September jährt sich der Todestag von Marko Feingold zum ersten Mal. Der im 107. Lebensjahr Verstorbene hat vier NS-Konzentrationslager überlebt, war nach 1945 führend in der jüdischen Flüchtlingsorganisation Bricha tätig und über Jahrzehnte Präsident der Israelitischen Kultusgemeinde Salzburg. Statt einer würdigen Ehrung für den prominenten Holocaust-Überlebenden und stets aktiven Zeitzeugen zum ersten Todestag hat sich ausgehend von Bürgermeister Harald Preuner (ÖVP) ein heftiger Streit über die Form der Ehrung entwickelt.

Preuner hatte vergangene Woche einen Amtsbericht vorgelegt, nach welchem der aktuell nach dem 1884 verstorbenen Maler und Dekorationskünstler Hans Makart benannte Fußgängersteg zwischen linker und rechter Altstadt über die Salzach in Marko-Feingold-Steg umbenannt werden soll. Preuners Argumentation sinngemäß: Feingold sei ein "Brückenbauer" gewesen, der Steg im Zentrum Salzburgs also ein würdiges Symbol.

Kultusgemeinde nicht eingebunden

Das Problem des von der FPÖ und der ÖVP-nahen Einpersonenliste Salz unterstützten Vorschlags der ÖVP: Die Witwe von Marko Feingold und Nachfolgerin als Präsidentin der Kultusgemeinde, Hanna Feingold, wurde vor vollendete Tatsachen gestellt. Sie lehnt eine rein symbolische Umbenennung des Makartsteges dezidiert ab und verlangt eine Straße mit ausgeschriebener Adresse.

In Salzburg gebe es unzählige nach Nationalsozialisten oder anderen Antisemiten benannte Straßen, deren Namen regelmäßig aufscheinen würden, "die Juden speist man mit symbolischen Plätzen ab", sagt Hanna Feingold. Sie verlangt nun zumindest einmal eine Art Nachdenkpause für die Stadtpolitik, man könne eine Straßenbenennung für ihren verstorbenen Mann ja auch 2021 zum zweiten Todestag vornehmen.

Antisemit Stelzhamer

Unterstützt wird sie von der Grünen Bürgerliste, der KPÖ und den NS-Opferverbänden. Auch die Neos verlangen ein Ende der "unwürdigen" Debatte und eine Nachdenkpause. Bürgerliste, KPÖ und Neos hatten ja bereits vor einigen Monaten einen gemeinsamen Antrag formuliert, nach welchem die nach dem Antisemiten Franz Stelzhamer benannte Straße in unmittelbarer Nähe der Synagoge im Andräviertel in Marko-Feingold-Straße umbenannt werden sollte. Für Hanna Feingold wäre die Stelzhamerstraße durchaus "eine Option", wie sie im STANDARD-Gespräch sagt.

SPÖ-Schwenk

Die SPÖ, die als zweitstärkste Fraktion für Preuner eine bequeme Mehrheitsbringerin im Gemeinderat darstellen könnte, hat sich ursprünglich für die Umbenennung der Churfürststraße im Herzen der Salzburger Altstadt starkgemacht. Die kleine Straße in prominenter Lage erinnert daran, dass Salzburg mit seinem Umland von 1803 bis 1805 ein mit Berchtesgaden, Passau und Eichstätt vereinigtes Kurfürstentum war.

Die ÖVP hat den SPÖ-Vorschlag aber vom Tisch gewischt, und inzwischen dürfte sich die SPÖ ebenfalls mit dem Makartsteg angefreundet haben. Zumindest kann man das aus einem SPÖ-Zusatzantrag zum Amtsbericht Preuners ablesen, nach welchem der Steg in Hinkunft als Ausstellungsfläche "für das Wirken von Marko Feingold" genutzt werden solle.

Blamage droht

Zieht Preuner – mit oder ohne SPÖ-Unterstützung – sein Vorhaben durch, dann könnte es nach derzeitigem Stand der Dinge jedenfalls zu einer für Salzburg veritablen Blamage kommen: Der Makartsteg wird zwar in Marko-Feingold-Steg umbenannt, bei der feierlichen Einweihung fehlen freilich die Vertreterinnen und Vertreter der Israelitischen Kultusgemeinde. (Thomas Neuhold, 14.9.2020)