Der große Schlag ist gelungen.

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Es ist nicht so, dass Tennisprofi Dominic Thiem frei von Fehlern ist. Aber der 27-Jährige geht stur seinen Weg. Hin und wieder gerät er leicht ins Schleudern, er eckt mit nicht unbedingt nobelpreisverdächtigen Äußerungen an, die sich in den sozialen Medien potenzieren. Dabei ist er ein lieber, höflicher, zuvorkommender Kerl. Wächst man in Lichtenwörth bei Wiener Neustadt auf, ist man ja nachhaltig geerdet.

Was er längst ist: ein herausragender Tennisspieler. Die Schwächen sind an den Fingern einer halben Hand abzuzählen, es gibt keinen Schlag, den er nicht beherrscht. Die mentale Stärke ist exorbitant, nicht einmal Corona wirft ihn aus der Bahn. Niederlagen, so bitter sie auch sein mögen, steckt Thiem ohne Folgeschäden weg. Und er analysiert gemeinsam mit Trainer Nicolas Massu die Gegner perfekt, das liegt auch daran, dass ihn Tennis wirklich interessiert. Zudem besitzt er die Gabe, im Training an oder über die Grenze zu gehen. Sein Körper ist ein Cornetto, die Schnelligkeit hat er trotzdem bewahrt, er rennt der Konkurrenz davon. Das Talent muss in der Wiege gelegen sein.

Mit dem Rückenwind der Zeit

Die Zeit spricht seit Jahren für Thiem. Denn das geniale Trio bestehend aus Novak Djokovic, Rafael Nadal und Roger Federer befindet sich im Herbst des Berufslebens. Federer ist schon im Winter. Der Druck von unten ist überschaubar. Bis zu den US Open hat Thiem 16 Turniere gewonnen, die Premiere fand 2015 in Nizza statt. An Preisgeldern hat er 25 Millionen Dollar verdient, Existenzängste plagen andere. In der Weltrangliste nimmt er Platz drei ein.

Am Anfang waren die Eltern Wolfgang und Karin, beide Tennistrainer. Der Baumeister des Erfolgs ist Günter Bresnik. Als Dominic acht Jahre alt war, nahm sich Bresnik seiner in der Südstadt an. Es wurde eine Erfolgsgeschichte, die vor eineinhalb Jahren endete. Thiem verkündete das Aus. War auch der Abnabelungsprozess logisch, die Art, wie er vollzogen wurde, ließ Wünsche und Fragen offen. Heuer im Jänner holte er Legende Thomas Muster in den Betreuerstab. Nach zwei Wochen war Schluss, Muster weiß bis heute nicht, warum. Der Erfolg gibt Thiem nicht unrecht. Massu wurde noch von Bresnik engagiert. Das Management übernahm Herwig Straka.

In der Nacht auf Montag holte Dominic Thiem in New York im Finale der US Open gegen Alexander Zverev zum großen Schlag aus. Es gelang, Thiem krönte sich zum Champion der US Open. Weitere Schläge sollten folgen. Ehrenbürger von Lichtenwörth ist er bereits. (Christian Hackl, 14.9.2020)