Sind im Disput um die Frage, warum man heiratet, uneins: Charlotte (Maya Unger) und Elizabeth (Caroline Baas, von links).

Susanne Hassler-Smith

Auch wenn es nur der Cousin achten Grades ist: Im England der Schriftstellerin Jane Austen (1775–1817) sind es ausschließlich Männer, die dazu berechtigt sind, Vermögen und Titel einer Familie zu erben. Diese Rechtsgrundlage muss Töchter spätestens im heiratsfähigen Alter in größte Panik versetzen. Und das tut es auch. Im Austens Roman Stolz und Vorurteil sind sie aufs Bekanntschaftmachen programmiert.

Zu den vielen Bearbeitungen des Stoffs gehört auch eine Neufassung von Isobel McArthur, die im Vorjahr am Londoner Westend herauskam und nun in einer Inszenierung der Britin Lily Sykes im Kasino des Burgtheaters deutschsprachige Erstaufführung hatte. Die Idee: Das Dienstpersonal spielt die brenzlige Geschichte der fünf Bennet-Töchter nach und bewaffnet sich dazu mit Rüschenkleidern und Karaokebox. In der Koproduktion des Burgtheaters mit dem Max-Reinhardt-Seminar lassen die Studentinnen gesanglich und in puncto Temperament auch keine Rechnung offen. Indes sind die Einsichten enden wollend.

Lustvoll aufgekratz

Weder verfolgt die Behauptung der Dienstbotenperspektive ein Ziel (sie ist nur der Freibrief für eine Garderobenplünderung) noch haben die actionreichen Drapierungsmanöver eine Bedeutung für die Geschichte. Das lustige, lustvolle und aufgekratzte Treiben hinter, vor und in edlen Vorhängen nimmt sich vor allem als sportliche Übung aus (ab 14 Jahren). Die fünf Schauspielstudentinnen (Johanna Mahaffy, Maya Unger, Caroline Baas, Wiebke Yervis, Lili Winderlich) übernehmen alle Rollen. Nur für Papa Bennet genügt ein stumm bleibender Schaukelstuhl mit aufgespannter Zeitung.

Übrigens: Die männliche Primogenitur bei Adelstiteln in England gilt bis heute; Daughters’ Rights kämpft dagegen an. (Margarete Affenzeller, 14.9.2020)