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Die ehemaligen Bewohnerinnen und Bewohner Morias schlafen nun zum Großteil auf der Straße.

Foto: REUTERS/Elias Marcou

Der Transfer von Migranten und Flüchtlingen aus dem früheren Lager Moria wird von der griechischen Regierung derzeit ausgeschlossen. Dies wäre mehr als kontraproduktiv, argumentiert man in Athen. Denn damit würde man Anreize setzen, dass auch in anderen Camps auf anderen Inseln Unruhen entstehen oder Unterkünfte angezündet werden. "'Mach es wie Moria' könnte dann das neue Motto in anderen Lagern werden", warnt Manos Logothetis vom Migrationsministerium.

In Athen befürchtet man zudem, mit einem Transfer das falsche Signal zu setzen – und dass in der Folge der Zustrom von Flüchtlingen und Migranten Richtung Griechenland wieder zunehmen und die Inseln wieder überlastet würden. Die Aufnahme der 406 Jugendlichen durch ein paar EU-Staaten wird in Griechenland als rein symbolische Geste gesehen. Eine wirkliche Entlastung für das südosteuropäische Land wäre es hingegen, wenn EU-Staaten tausende bereits anerkannte Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen würden, die schon lange auf dem Festland sind. Kein EU-Staat hat sich bislang dazu bereiterklärt.

Unterbringung aller Migranten in Zelten

Die griechischen Behörden kündigten an, alle obdachlosen Migranten und Flüchtlinge in den kommenden Tagen in Zelten unterzubringen. Zurzeit entsteht auf Lesbos gerade so eine neue Zeltstadt unweit des Vorzeigelagers Kara Tepe. Etwa 1.000 obdachlos gewordene Flüchtlinge und Migranten wurden dort bereits am Sonntag untergebracht. Zunächst wurden besonders schutzbedürftige Familien ins Lager geholt.

Sie wurden alle auf Covid-19 getestet, und jene, die infiziert sind, wurden in eine Quarantänestation gebracht. Dutzende neue Fälle wurden entdeckt, was Anlass zu großer Sorge ist. Viele Migranten protestieren zudem und wollen nicht in das Zeltlager gebracht werden, sondern hoffen noch immer, sie könnten nun aufs Festland oder dann sogar weiter nach Deutschland. Die Behörden stehen erst einmal vor der großen Herausforderung, die Covid-19-Infizierten zu finden und zu isolieren, um die Pandemie einzudämmen, und sie müssen die Leute neu registrieren und identifizieren, weil die Daten und Archive in den Flammen aufgegangen sind.

Neues Zentrum geplant

Premier Kyriakos Mitsotakis versprach nun den Aufbau eines neuen Empfangs- und Identifikationszentrums auf Lesbos. Das geschlossene Camp soll der lokalen Bevölkerung ein Sicherheitsgefühl vermitteln. So ein Camp war ohnehin schon vor vielen Monaten geplant, doch die lokale Bevölkerung hat bisher den Aufbau neuer Strukturen durch Proteste verhindert. "Wir wollen das Problem in eine Chance umwandeln", meinte der Premier. Europa solle viel mehr in das Management des neuen Zentrums involviert werden, kündigte er an.

Die lokale Bevölkerung auf Lesbos will hingegen, dass die Geflüchteten nach der Registrierung sofort aufs Festland kommen. Dies kommt für die Regierung nicht infrage. Die Anzahl jener, die im Camp Moria lebten, war aber zuletzt viel niedriger als zu Jahresbeginn. Denn seit Jänner wurden 13.278 Menschen aufs Festland übersiedelt – viele von ihnen haben Asyl erhalten. Im Camp Moria sorgte die Abreise bei den Zurückgebliebenen allerdings immer für Unruhe.

Brandstifter gesucht

In der Zwischenzeit versuchen die Behörden, jene Migranten ausfindig zu machen, die vergangene Woche die Feuer im Camp gelegt haben. Feuerwehrleute berichteten, dass junge Männer brennbare Flüssigkeit in die Flammen geworfen hatten, um das Camp niederzubrennen. (Adelheid Wölfl, 14.9.2020)