Bild nicht mehr verfügbar.

Lukaschenko sucht in Russland Putins Nähe.

Foto: Andrei Stasevich /BelTA Pool Photo via AP

Sotschi – Zumindest äußerlich ließ sich Alexander Lukaschenko bei seiner Ankunft im russischen Sotschi keine Nervosität anmerken. Dabei ist seine erste Auslandsreise nach der umstrittenen Präsidentenwahl in Belarus (Weißrussland), bei der er sich mit angeblich 80 Prozent der Stimmen zum Sieger küren ließ, keineswegs ein reiner Protokollbesuch.

Lukaschenko steckt innenpolitisch in der schwersten Krise seiner 26 Jahre währenden Amtszeit. Seit einem Monat demonstrieren überall im Land die Bürger gegen Wahlfälschung und Polizeigewalt. Auch am Sonntag gingen trotz erhöhter Polizeipräsenz und 400 Festnahmen im Vorfeld wieder 150.000 Menschen in Minsk auf die Straße.

Der 66-Jährige braucht für den Machterhalt Unterstützung aus dem Kreml. Bisher hat Wladimir Putin sie ihm, wenn auch zögerlich, gewährt. Im Gegensatz zur EU hat Moskau das Wahlergebnis anerkannt, die Demonstranten zu "Extremisten" erklärt und sogar Truppen für ein mögliches Eingreifen im Nachbarland reserviert, sollte Lukaschenko darum bitten.

Geld und Anerkennung

Mit dem Empfang in Sotschi bestätigte Putin nochmals seine Anerkennung des Wahlergebnisses, zudem hilft der neue russische Kredit über 1,5 Milliarden Dollar dem in Schieflage geratenen belarussischen Staatshaushalt.

Der Kremlchef tut dies nicht aus Freundschaft. Das Verhältnis zwischen den beiden Staatschefs gilt als kompliziert. Die Schwächung Lukaschenkos kommt der russischen Führung, die eine stärkere Integration der beiden Nachbarländer unter Führung Moskaus forcieren will, entgegen.

Doch den Sturz Lukaschenkos kann Putin nicht riskieren. Er selbst steht in der Nawalny-Affäre unter Druck – am Montag haben zwei weitere Labore in Schweden und Frankreich die von der deutschen Regierung erhobenen Vergiftungsvorwürfe bestätigt. Noch hat der Kreml die Proteste in den Regionen unter Kontrolle, doch Putin fürchtet einen Dominoeffekt bei einem Sieg der belarussischen Opposition.

Darum hält er Lukaschenko vorerst im Amt, auch wenn der Kreml eine schrittweise Übergabe der Macht durch eine Verfassungsreform mit einem stärkeren – natürlich prorussischen – Premier protegiert. Zugleich bindet Russland Belarus militärisch noch fester an sich. Konkrete Vereinbarungen wurden in Sotschi dazu nicht getroffen, doch Putin betonte explizit die Fortsetzung der militärischen Zusammenarbeit. (André Ballin, 14.9.2020)