Im Westen startete am Montag wieder die Schule – mit Maskenpflicht.

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Die gute Nachricht zuerst. Nach 869 Neuinfektionen am Samstag fielen die Zahlen am Sonntag und am Montag wieder deutlich geringer aus. 382 neue Ansteckungen mit dem Coronavirus wurden am Montag kommuniziert. Dass es nicht doch zu einer zweiten Welle kommen könnte, bedeutet das allerdings noch lange nicht. Die vorerst wieder niedrigeren Fallzahlen könnten auch damit zu tun haben, dass am Wochenende weniger getestet wird.

Montag, das war auch der Tag, an dem die verschärften Regelungen im Handel, in der Gastronomie und bei Veranstaltungen wieder in Kraft traten.

Lokalaugenschein in Wien. In einer Trafik im dritten Bezirk hebt die Besitzerin ihren Schal eilig über die Nase, sobald Kundschaft den Raum betritt. Doch sie sagt: "Ich werde sicher niemanden anreden, weil er keine Maske trägt." Von diesen Kunden würden aber seit Montagmorgen ohnehin nur noch wenige kommen. Doch: Von derartigen Maßnahmen halte sie nichts, sagt die Trafikantin – im Gegenteil, Masken hält sie für unhygienisch: "Die kramen die irgendwo aus ihren Taschen hervor, spucken und husten tagelang rein."

Keine Schulcluster

An Schulen wird das Maskentragen hingegen sehr ernst genommen. Unabhängig von der jeweiligen Ampelfarbe der Stadt oder des Bezirks herrscht nun wieder verschärfte Maskenpflicht. Nur im Klassenzimmer darf diese abgenommen werden. Unter den 456.000 Schülern, die in Wien, Niederösterreich und dem Burgenland seit einer Woche wieder im Unterricht sind, hat es seither rund 90 bestätigte Coronavirus-Infektionen gegeben, gab das Bildungsministerium am Montag bekannt. Die Schüler hätten sich im privaten Bereich angesteckt, bisher habe sich noch kein Schulcluster herausgestellt.

Kritik an den neuen Maßnahmen kam aus Kärnten: Stefan Sternad, Obmann der Fachgruppe Gastronomie in der Wirtschaftskammer, bezeichnete es als "absolut unverständlich", dass österreichweite Einschränkungen gelten, obwohl die Infektionszahlen nur in einzelnen Bundesländern steigen würden. Die Ampelregelung wäre wesentlich punktgenauer als die nun geltenden Maßnahmen.

Tatsächlich hatte am Freitag die Ampelkommission nur die Städte Wien, Wiener Neustadt, Graz und Innsbruck sowie die Bezirke Korneuburg (Niederösterreich), Kufstein und Schwaz (Tirol) auf Gelb gestellt. Zeitgleich fasste die Bundesregierung aufgrund der steigenden Infektionszahlen dennoch den Beschluss, neuerlich zu österreichweiten Maßnahmen zu greifen. Am Montagabend sollte die Kommission ein weiteres Mal tagen. Eine Information der Öffentlichkeit über die Inhalte der Beratungen oder gar deren Ergebnisse sei nicht geplant, hieß es im Vorfeld aus dem Gesundheitsministerium.

Innsbruck und Wien orange

Dennoch ging während der Sitzung am Abend das Gerücht um, dass Innsbruck und Wien auf Orange gestellt werden und weite Teile Österreichs eine neue Farbe bekommen sollen. Auch Regionen in Vorarlberg, Niederösterreich und Tirol soll Orange gedroht haben, weiten Teilen Oberösterreichs Gelb.

Und so entschied die Kommission schließlich auch: Wien und Innsbruck sowie der Tiroler Bezirk Kufstein wurden orange. In Niederösterreich wurden Mödling und Neunkirchen auf Orange gestellt. In Vorarlberg wurden Bludenz und Dornbirn auf Orange, Bregenz und Feldkirch auf Gelb geschaltet. Innsbruck Land, Landeck sowie Schwaz sollen gelb leuchten. Oberösterreich wird gelb bis auf Braunau, Ried und Schärding – diese Bezirke bleiben grün. Graz, Deutschlandsberg und der Bezirk Graz Umgebung werden ebenfalls gelb. Salzburg, das Burgenland und Kärnten bleiben grün.

Innsbruck will sich mit Wien absprechen

"Ja, es ist wahrscheinlich, dass Innsbruck auf Orange stellen wird", sagte Bürgermeister Georg Willi (Grüne) kurz vor der Abstimmung zum STANDARD: "Das zeigt, wir müssen alle wachsam sein und die wichtigen Hygienemaßnahmen einhalten. Es ist jetzt nicht die Zeit locker zu sein." Willi bat alle, die Maske zu tragen und die Hygienemaßnahmen einzuhalten. "Wir haben uns im Rathaus auf alle Farben vorbereitet", sagte der Bürgermeister. Er wolle zudem "Gespräche mit Wien" suchen.

Aus dem Büro von Wiens Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) hieß es am Abend kurz vor der Orangeschaltung: "Dort, wo wir selbst Regelungen erlassen können, sind wir vorbereitet." Etwa im Spitalsbereich habe man bereits Maßnahmen, die erst bei der Farbe Rot nötig wären.

Ampel "arbeitsfähig"

Schon im Vorfeld der Sitzung sagte Hacker auf die Frage, ob er nach den jüngsten Verwirrungen rund um bundesweite Verschärfungen und nicht dazupassende Ampelfarben die Corona-Kommission für arbeitsfähig halte: "Ja. Es ist definitiv Luft nach oben, aber es ist eine gute Entwicklung." Man müsse mit der Arbeit der Experten "geduldiger sein". Man könne nicht tagtäglich neue Geistesblitze erwarten.

Vor dem morgen stattfindenden Arbeitsmarktgipfel von Sozialpartnern und Bundesregierung zeigte er sich irritiert über bislang zu wenige Maßnahmen in diesem Bereich: "Es ist doch so, dass viele bald jemanden kennen werden, der arbeitslos geworden ist", so Hacker am Rande einer Pressekonferenz. Er höre unentwegt nur Berichte von betroffenen Unternehmen, bei denen versprochene Hilfsleistungen nicht ankommen würden.

Vorerst keine Reisewarnung

Aus Deutschland war am Montag zu hören, dass vorerst keine Reisewarnung für Österreich ausgesprochen werde. Die Schweiz hat ja Wien auf die Risikoliste gesetzt. Man beobachte das Geschehen weltweit und auch in Österreich, wo die Fallzahlen "leider" steigen, hieß es aus dem Auswärtigen Amt in Deutschland. Schutzmaßnahmen werde man dann ergreifen, wenn in einem Land die Zahl der Neuinfektionen an sieben Tagen 50 pro 100.000 Einwohner überschreite.

Reisen von Deutschland nach Österreich sind also weiterhin möglich – auch mit dem Zug. Aber auch die ÖBB handeln aufgrund steigender Infektionszahlen. Ab 21. September gilt österreichweit nicht mehr nur eine Maskenpflicht in den Zügen, sondern auch wieder im geschlossenen Bahnhofsbereich. (Steffen Arora, Birgit Baumann, Vanessa Gaigg, Gabriele Scherndl, Rosa Winkler-Hermaden, 14.9.2020)